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Luftfahrt (Chronik und Geschichte) - Zeitschrift Flugsport Heft 5/1912

Diese Internetseite umfaßt ein Digitalisat der Zeitschrift Flugsport, Ausgabe Heft 5/1912. Dieses digitalisierte Zeitschriftenheft umfaßt alles Wesentliche über den zivilen Luftverkehr (Flugsport, Flugwesen und Luftsport) sowie über die militärische Luftfahrt (Luftwaffe im Inland und Ausland). Die Digitalisate der Originalzeitschrift stehen auch als PDF Dokument zum Herunterladen zur Verfügung. Eine Übersicht aller Hefte von 1909 bis 1944 steht auf der Seite Archiv Zeitschrift Flugsport zur Verfügung.


Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

technische Zeitschrift und Anzeiger

für das gesamte

„Flugwesen"

unter Mitwirkung bedeutender Fachmänner herausgegeben von Telefon 4d57. Oskar Ursinus, Civilingrenieur. Tel.-fldr.: Ursinus. Brief-Adr.: Redaktion und Verlag „Flugsport" Frankfurt a. M., Bahnhofsplatz 8.

Erscheint regelmäßig 14tägig. ===== Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. ■ —■

Oer Nachdruck unserer Artikel ist, soweit nicht mit „Nachdruck verboten" versehen, nur mit genauer Quellenangabe gestattet.

Die nächste Nummer des „Flugsport" erscheint am 13. März.

Michel schläft!

In Frankreich regt siolis gewaltig, Frankreich wird seinen Vor-sprnng in der Fliegerei noch vergrößern. Die nationale Begeisterung, der Opfermut für das Flugwesen ist unvergleichbar.

Von allen Seiten, ohne Ausnahme, ob arm oder reich, fließen dem Kriegsministerium Mittel zu.

Mehrere Gemeinden haben Sammlungen eingeleitet und Flugmaschinen, welche den Namen der betreffenden Gemeinden tragen, der Regierung geschenkt. Sogar Schüler eines Pariser Gymnasiums haben von ihrem Taschengeld eine Flugmaschine gekauft und dem Kriegsminister angeboten. Wir könnten hier sämtliche Spalten füllen, um die Begeisterung, die nicht lokal ist, sondern sich über die ganzen Departements von Frankreich erstreckt, zu schildern und die Taten aufzuzählen.

Und was tut man in Deutschland ? Seine Majestät haben durch die 50000 Markspende versucht, eine Bewegung zu entfachen. Es folgte Henkell mit 100000 Mark. Man glaubte, es würde jetzt die Bewegung einsetzen! — — Enttäuschung!

Michel schläft sehr fest!

Ist man denn taub und blind? Sieht man denn nicht was vorgeht?

Diejenigen Sprecher, welche sich über die Franzosen lustig machen und die französische Volksbegeisterung in den Staub ziehen, sind als gemeingefährlich zu bezeichnen. Mit einem geringschätzigen Achselzucken kann man die Bewegung nicht übergehen.

Es ist hier nicht der Platz, die Gefahren, die unseren Grenzbefestigungen und Bauten drohen, darzulegen. Die Tatsachen können wir nicht aus der Welt schaffen. Frankreich wird seinen Vorsprung noch vergrößern. Wo bleiben Deutschlands Männer ? Es wird nichts anderes übrig bleiben,

als daß das gesamte deutsche Volk zur Selbsthilfe greift

und mit oft bewährter Einmütigkeit dem Vaterlande diejenigen Mittel schafft, die nötig sind, um das Flugwesen auf eine angemessene Höhe zu bringen.

Wo bleiben die deutschen Verbände, welche die Luftfahrt fördern wollen? Mit Flugveranstaltungen allein ist es nicht getan. Um ein ruhiges, zielbewußtes Arbeiten zu ermöglichen, brauchen wir vor allen Dingen

Geld und immer wieder Geld.

Es ist höchste Zeit, daß die Tageszeitungen einsetzen, um in Deutschland eine Bewegung zu entfachen, die der französischen gleichkommt und in der das deutsche Volk zu einer vaterländischen Stiftung aufgefordert wird.

Der Nieuport-Eindecker.

(Hierzu Tafel III).

Als Eduard Nieuport mit seinem kleinen Eindecker in der Reimser Flugwoche 1910 debütierte, dachten wohl die Wenigsten daran, daß dieser Apparat, der damals schon berechtigtes Aufsehen erregte, ein Jahr später die- erste Marke von Frankreich werden würde. Nieuport wußte, was den damaligen Maschinen fehlte. Er erkannte den Wert praktischer Laboratoriumsversuche und ihre Resultate, er stützte sich auf diese und seine Fähigkeiten als Konstrukteur ermöglichten es ihm, der Welt eine Flugmaschine vorzuführen, die wirklich alles in sich vereinigte, was man von einer Zukunftsmaschine verlangen kann.

Die erste Bedingung bei dem Bau unserer heutigen Flugmaschinen, die Verminderung des schädlichen Luftwiderstandes, war für Nieuport die erste Pflicht sie zu erfüllen und wie einfach und geschmackvoll hat er diese Aufgabe bei seinem Apparat gelöst. Keine einzige andere Maschine dürfte in dieser Hinsicht den günstigen ärodynamischen Wirkungsgrad besitzen, wie gerade der erfolgreiche Eindecker von Nieuport. Es muß immer wieder darauf hingewiesen werden, daß nur auf Grund richtiger Gesichtspunkte Zukunftsmaschinen entstehen können. Wir wissen was unseren jetzigen Maschinen fehlt und sollen nicht an dem, wrs große Konstrukteure schon längst ad acta gelegt haben, nochmals versuchen. Der Bau einer Flugmaschine ist nicht nur die Erfahrung eines Fliegers, sondern die Verwirklichung wissenschaftlicher Grundprinzipien, deren Beachtung von großer Bedeutung ist. Gerade der Nieuporteindecker bietet darin sehr viele interessante Einzelheiten.

In letzter Zeit ist direkt ein Raub nach dem Nieuporfc;schen Tragdeckenprof'il ausgebrochen. Ueberau hört und spricht man von dem Geheimnis der Nieuport'scben Profilierung- und glaubt einzig und allein die Vorzüge des Apparates darin finden zu können. Und doch ist nicht, hier allein der Erfolg au suchen, sondern in der Kombination der bei dem Bau des Apparates in Betracht kommenden Gesichtpunkte.

Die Tragdecken

von Nieuport weichen gewiß erheblich von den allgemein üblichen ab.

Bei Betrachtung des Profilschnittes der Tragdecken zeigt sich, daß Nieuport hier ein Profil gewählt hat. das bei höchster Tragfähigkeit den geringsten schädlichen Luftwiderstand ergibt. Die Fläche läuft an der Vorderkante fast spitz zu, hierauf ein kurzes Stück konkav gewölbt, worauf ein allmählicher Uebergang in die entgegengesetzte Wölbung eintritt. Der höchste Punkt liegt hinter dem ersten Drittel der Flächensehne. Der Flächenrücken ist ziemlich stark gekrümmt und läuft am Ende horizontal aus. Zwei kräftige Längsträger, deren Querschnitt aus der Schnittzeichnung hervorgeht, werden an dem Rumpf befestigt und starke Spannseile besorgen die nötige Versteifung des ganzen Systems. Die Befestigung der Drahtseile ist ebenfalls aus einer Schnittzeichnung zu ersehen.

Der an dieser Stelle verstärkte Längsträger wird von einem 2,4 mm starken Stahlblech umfaßt, das oben und unten die Löcher für die Befestigungsbolzen trägt. Die oberen vorderen Kabel sind mittels Schlingen an dem aus vier Streben gebildeten Mast befestigt, während die oberen hinteren durchgehende Seile und beweglich sind und durch zwei in die Spitzen der Mäste mit eingeschweißte Rohre laufen, um die Bewegungen, die durch die Verzieh-"img der Flächen erfolgen, mitmachen zu können. Die vier unteren Kabel von 8 mm Stärke sind um die vordere Kufe gewickelt, während die hinteren Kabel an den Verwindungshebel angreifen.

Die richtige Konstruktion der Tragflächen, die auf genauen Festigkeitsrechnungen beruht, ermöglicht es mit der geringsten Anzahl von Spanndrähten auszukommen und dadurch erheblich zur Verminderung des schädlichen Luftwiderstandes beizutragen. Es sei hier hervorgehoben, daß die Flächen nicht d.cht an den Rumpf anlehnen, sondern daß hier ein Zwischenraum geschaffen ist, durch den die Luft und besonders leichte Windstöße, die von der Seite den Apparat treffen, entweichen können und dadurch keinen großen Einfluß auf die Stabilität ausüben. Es findet also keine Pressung der Luft zwischen Tragflächen und Rumpf statt.

Der Rumpf.

Während die meisten Konstrukteure früher wenig Wert auf den Schutz des Führers legten, hat Nieuport von vornherein darauf gesehen, den Führer vollständig einzukapseln, so daß nur der Kopf emporragt. Dieser Gesichtspunkt bedingte die charakteristische Form des Bootskörpers von Nieuport, der durch die große Höhe in dei-Nähe des Führers noch den Vorteil bietet, daß hierdurch eine vertikale Stabilisierungsfläche geschaffen ist.

Der Rumpf weist eine sehr gedrungene fischleibähnliche Form auf und ist als bekleideter Fachwerkträger ausgebildet. Durch die

Bespannung mit Aeroplanstoff wird ein möglichst geringer schädlicher Luftwiderstand erzielt. Am vorderen Teil sitzt ein aus Stahlblech gepreßter Rahmen, der zur Aufnahme der Maschinenanlage dient, die nach oben hin mit einem Aluminiumblech, das bis zum Führersitz führt, bekleidet ist. Die Anordnung der Sitze ist tandemartig getroffen und zwar sitzt der Führer vor dem Passagier.

Das Fahrgestell.

Nieuport hatte den Vorteil der autoschassisähnlichen Federung für seine Flugmaschinen erkannt und sie auch gleich bei seinem ersten Apparat zur Anwendung gebracht Die heftigen Stöße, die bei Landungen mit Flugmaschinen auftreten, werden durch Elliptikfedern am besten aufgenommen, ohne daß die übrigen Teile des Fahrgestells erheblichen Beanspruchungen ausgesetzt sind. Die Feder, die gleichzeitig an ihren Enden die Achsen für die sehr starken Pneumatikräder trägt, ist in der Mitte von einem kräftigen Schuh gefaßt und gibt die Hauptstöße an die beiden nach oben führenden Rohre von elliptischem Querschnitt ab. Eine Rohrkufe, die zur Erhöhung der Festigkeit innen mit Holz ausgefüllt ist, wird nach oben durch kräftige Stahlrohre abgestüzt, und ist derartig lang gehalten, daß der Apparat im Ruhezustand mit dem hinterem Teil des Schwanzes nicht aufsitzt, sondern lediglich durch das Ende der Kufe getragen wird. Die Versteifung der Radachse erfolgt durch vier Spanndrähte, deren Anordnung sowie die Konstruktion des Federschuhes und der übrigen Teile aus der Skizze deutlich zu ersehen sind. (Siehe Flugsp. 1911 S. 478.)

Die Apparate von Nieuport und besonders der Militärapparat haben gezeigt, daß mit diesem Fahrgestell die stärksten Landungsstöße überwunden werden können und daß durch diese Konstruktion eine Ausführung geschaffen ist, die bei größter Einfachheit höchste Sicherheit bietet, ohne dabei den Prozentsatz von schädlichem Widerstand aufzuweisen, dcndie meisten übrigen Ausführungen besitzen.

Charakteristisch bei den Nieuport-Eiridecker ist die fast kreisförmig ausgebildete hintere ebene

StabilisLrungsfläche, die durch vier Rohre an dem unteren Teil des Bootskörpers befestigt ist. Die elliptisch ausgebildeten Höhenstencr sind mit Scharnieren an dem hinteren Rohr der Stabilisierungsfläche befestigt und geben dem ganzen hinteren Teil ein sehr geschmackvolles Aussehen. Zwischen diesen sitzt das Seitensteuer, das annähernd dreieckige Form aufweist, bei dem die scharfen Ecken durch starke Abrundungen ersetzt sind. Die Konstruktion der Stabilisierungsfläche der Höhen- und Seitensteuerflächen besteht aus leichten dünnen Stahlrohren, die durch Muffen miteinander verbunden und mit Bespannungsstoff überzogen sind.

Aeußerst einfach ist

die Steuerung

bei dem Nieuport-Eindecker ausgeführt. Der Führer bedient einen kardanisch gelagerten Hebel, der beim An- bezw. Abdrücken auf die Höhensteuerung einwirkt, während eine Bewegung nach links oder rechts das Seitensteuer betätigt. Die Betätigung der Flächenver-windung erfolgt durch einen Fußhebel, der an dem nach unten führenden Verwindungsrohr angreift. Neigt sich z. B. der Apparat auf die rechte Seite, so legt sich der Führer instinktiv nach links, tritt mit

dem linken Fuß auf den linken Arm des Hebels und bewirkt einen Auftrieb auf der rechten Seite, so daß der Gleichgewichtszustand wieder hergestellt wird. Die Anordnung der Hebel sowie der Steuersäule geht aus der Abbildung deutlich hervor, und läßt die Einfachheit des ganzen Systems erkennen.

Die Maschinenanlage für den hier beschriebenen Typ besteht in einem 50 PS Gnom-Motor, der einen Propeller von 2,50 m Durchmesser und 1,50 m Steigung direkt antreibt Der Motor ist fast vollständig in Aluminiumblech eingehüllt, derart, daß die obere Partie demontabel ist, um eine Revision

Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

Nieuport-Eindecker.

Oben: Fahrgestell, unten: Steuereinrichtung, H Seile zum Höhensteuer, S zum Seitensteuer, V für Verbindung.

der ganzen Maschinenanlage zu ermöglichen. Ein kombiniertes Reservoir für Benzin und Oel befindet sich direkt vor dem Führer und ist zur Kontrolle mit Schaugläsern versehen, um den jeweiligen Stand des Betriebsstoffes prüfen zu können. Ein größeres Reservoir steht unter Druck und befindet sich unter dem Führersitz. JMit Hilfe einer Luftpumpe erfolgt je nach Wunsch die Ueberleitung des Ben-

zins von dem Hauptbehälter nach dem in der Nähe des Motors lagernden kleineren Hilfsbehälter.

Die Werke von Nieuport bauen 4 verschiedene Typen, deren kleinste ein Gewicht von 240 kg aufweist und mit dem bekannten erfolgreichen 28 PS Motor ausgerüstet wird, der dem Apparat eine Stundengeschwindigkeit von 120 km erteilt. Derselbe Typ wird aber auch mit 50, 70 oder 100 PS Gnommotor ausgerüstet und hat sich in den verschiedenen vergangenen Wettbewerben aufs trefflichste bewährt. Ein größerer Apparat ist der Typ IV G, der für 2 Personen bestimmt ist und mit einem 50 PS Gnommotor ein Gewicht von 350 kg besitzt sowie eine mittlere Geschwindigkeit von 110 km pro Stunde erreichte. I

Der größte Apparat, der sogenannte „Typ Concours Militaire", 1

der Sieger aus dem Militärwettbewerb in Reims, besitzt bei einer i

Totallänge von 7,80 m eine Spannweite von 12,40 m und hat mit ;

einer Nutzlast von 300 kg eine Geschwindigkeit von 117 km pro >

Stunde erreicht. Nach den Vorschriften der französischen Militär- 1

Verwaltung ist dieser Apparat für 3 Personen ausgebildet. ,

Nieuport war einer der ersten, der gezeigt hat, daß mit geringen i

Motorstärken und aerodynamisch günstig ausgeführten Apparaten l

ziemlich hohe Geschwindigkeiten zu erreichen sind. Er war der erste, der mit seinem 35 PS Zweizylindermotor Schnelligkeiten er- j

reicht hat, die bis dahin nur von den schweren Kanonen erzielt worden sind. Der Sieger aus dem Militärwettbewerb von Reims ist |

im wahren Sinne des Wortes ein Kriegsaeroplan, wie er nicht besser j

geschaffen werden kann, konstruiert von dem genialen und bedau- j

ernswerten Eduard Nieuport, geführt von der Meisterhand des erfolg- t

reichen Piloten Weymann. Der Nieuport-Eindecker war der erste, i

der die sämtlichen schweren Vorprüfungen für den Militärwettbe- 1

werb von Reims bestanden hat. Er hat danach die 300 km lange Strecke Reims—Amiens—Reims mit einer mittleren Stundengeschwindigkeit von 117 km zurückgelegt. Solidität, Schnelligkeit und Unverwüstlichkeit waren die Eigenschaften, die in dem Reimser Wettbewerb den Nieuport-Eindecker an erste Stelle brachten!

In diesem Jahre ist er weiterhin Verteidiger des Michelin- und 1

Gordon Bennett-Pokales. Groß waren die Erfolge, die der gleiche j

Apparat auf dem Kriegsschauplatz in Tripolis gezeigt hat, wo er mit i

der größten Sicherheit den italienischen Truppenführern unter Leitung I

erstklassiger Offiziersflieger hervorragende Dienste geleistet hat und es weiterhin tut. I

Nieuport ist tot, doch sein Werk lebt weiter! Er war ein j

Mann, der mit Einsetzen aller Kraft aufgrund gesunder Gesichts- j

punkte das geschaffen hat, was jetzt ruhmreich durch den Aether i

zieht und stolz den Namen des Konstrukteurs trägt, dem es nicht vergönnt war, den größten Erfolg seines Apparates noch mit zu er- \

leben. Ein schwerer Schicksalsschlag für die französische Flug- :

maschinenindustrie. j

Fr. Wm. Seekatz.

Der Wright-Stabilisator.

Ungeheueres Aufsehen erregte zu Ende vorigen Jahres der motorlose Zweidecker der Gebr. Wriglit, der durch seine Leistungen die Fachleute der Flugtechnik in Staunen versetzte. Zum erstenmal war es einem Menschen gelungen, sich mit einer Maschine schwerer als Luft und ohne Fortbewegungsmechanismus längere Zeit im Aether zu halten und dadurch den Beweis zu liefern, daß der motorlose Flug wohl möglich ist und sicher in der Zukunft in Kombination mit dem Maschinenflug große Bedeutung erlangen wird.

Bereits im November berichteten wir über die ersten erfolgreichen Flüge mit diesem neuen Apparat und wiesen auch darauf hin, daß die Wright's einen automatischen Stabilisator erfunden hätten, den sie in den Gleitflugapparat einbauten und damit wirklich gute Resultate erzielten. Schon früher hatten die erfolgreichen Amerikaner einen Stabilisator zum Patent angemeldet, ihn jedoch praktisch nicht ausgeführt. Der neue Automat erinnert lebhaft an den ersten Entwurf und verdient hier besprochen zu werden, um so mehr, als in letzter Zeit die Konstrukteure eifrig bemüht sind, automatische Stabilisatoren einzubauen, um die Stabilität zu vergrößern und den Führer bei seinen Steuerbewegungen zu entlasten.

In Kitty Hawk, dem Fluggelände der Wrights, wurde zum erstenmal der von ihnen erfundene Stabilisator auf seine Brauchbarkeit hin geprüft. An Hand der beistehenden Skizze mag auf die Konstruktion dieses interessanten Apparates eingegangen werden.

Im Gegensatz zu dem bekannten Doutre'schen Automat, der nur auf die longitudinale Stabilität einen Einfluß hat, wirkt der Wright'sche Stabilisator sowohl in der Längs- als auch in der Querrichtung des ganzen Systems Auch Wright benutzt zur Betätigung der einzelnen Steuerbewegungen den betriebssicheren Servo - Motor, der sich aufs beste bewährt hat und bei nicht allzu hohem Gewicht eine ziemlich große Kraft, wie sie hier in Betracht kommt, entfalten kann.

Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

Wrigh t-Stabilisato r.

Eine kleine Windfahne 1, die vorn am Apparat angebracht und mit einem Servo-Motor gekuppelt ist, wirkt auf das Höhensteuer 2, während ein hinter dem Apparat angebrachtes Pendel 3, die Flächen-verwindung4, sowie in Verbindung miteinem Servo-Motor die Bewegung des Soitensteuers 5 gleichzeitig beeinflußt. Mit diesem Automaten gelang es Orville Wright bei den heftigsten Windstößen ca. 40 Flüge auszuführen und damit die außerordentliche Stabilität und den Wert eines richtig konstruierten Apparates nachzuweisen. Bei seinen ersten

Versuchen benutzte Wright, um die Längsstabilität seines Apparates weiter zu erhöhen, eine 1 m lange Stange, die an ihrem vorderen Ende einen kleinen Sandsack trug und zum Ausgleich dienen sollte. Durch diese Anordnung erreichten die Amerikaner eine derartig gute Stabilität, daß sie bei einem Wind von 40 km pro Stunde und den heftigsten Windwirbeln mit ihrem Apparat vollständig sicher in der Luft bleiben konnten, ohne irgendwelchen Gefahren durch Absturz ausgesetzt zu sein.

Orville Wright, der meistenteils die Maschine steuert, lenkte den Gleitflugapparat mit einer geradezu bewundernswürdigen Sicherheit. Er erhob sich damals fast auf der Stelle, ließ sich durch die auftretenden Windstöße nach und nach in die Höhe treiben, erreichte eine Höhe von 30 in und war dann gewöhnlich über dem Punkte seines Startortes. Er blieb in dieser Stellung 60 Sek. lang, ohne daß die Maschine sich von ihrem Platze bewegte. Sicher war dies die größte Leistung, die jemals einem Menschen gelungen ist; denn eine derartige Beherrschung einer Maschine hatte bis dato noch kein einziger Flieger zu verzeichnen gehabt.

Der Abstieg des Gleitflugapparates erfolgte ebenfalls mit der größten Sicherheit und Orville Wright konnte Flüge von über 2 Minuten mit seinem Gleitflugapparat absolvieren. Fast ausnahmslos überließ Wright die Steuerbewegungen für Längs- und Querstabilität seinem Automaten.

Leider sind in der letzten Zeit weitere erfolgreiche Flüge der Amerikaner nicht bekannt geworden. Es scheint, daß sie ihren Automaten auch bei ihren Motorflugmaschinen zur Verwendung bringen wollen und hoffentlich werden wir in diesem Jahre Gelegenheit haben, erfolgreiche Flüge einer derartigen Maschine zu bewundern und unsere deutschen Konstrukteure zu veranlassen, sich ebenfalls mit der Konstruktion von brauchbaren Automaten, wie sie wohl für die Zukunft unentbehrlich werden, zu befassen.

Die Flngmaschine im italienisch-türkischen Krieg.

Die Schwierigkeiten der Operationen der italienischen Land- und Seetruppen vor Tripolis haben leider in letzter Zeit derartigen Umfang angenommen, daß von einer erfolgreichen Beendigung des Krieges, wie ihn Italien gern erreichen möchte, nicht die Rede sein kann. Die italienische Regierung hofft nun durch umfangreiche Flugmaschinenbestellungen bei verschiedenen größeren Fabriken in aller Kürze ca. 100 Apparate nach Tripolis zu senden, die es ermöglichen sollen, den Munitionsnachschub und die Verproviantierung der Truppen ins Innere zu bewerkstelligen und dadurch eher das gewünschte Ziel zu erreichen.

Auch die türkische Regierung sieht sich nun durch die Erfolge der italienischen Offiziersflieger veranlaßt, sich intensiv mit der Einführung von Kriegsflugmaschinen für den afrikanischen Feldzug zu befassen. Bekanntlich hat die Türkei französische und belgische Flieger nach Tripolis engagiert, die nun an ihren Bestimmungsorten angelangt sind, jedoch noch nicht in Aktion treten können, da die Apparate meistenteils noch nicht fertig montiert sind. Es werden

sogar auf dem Kriegsschauplatz nach Zeichnungen Ein- und Zweidecker von französischen Mechanikern gebaut. Bei einem der letzten Siege haben die Türken eine große Menge von Ersatzteilen für Flug-niasch nen erobert, die sie nun bei dem Bau ihrer Apparate verwenden. Großer Mangel herrscht noch an Motoren, von denen jedoch auch in nächster Zeit eine größere Sendung eintreffen wird, ssdaß wir wohl noch Gelegenheit haben werden, von Zweikämpfen zwischen italienischen und türkischen Offiziersfliegern zu lesen.

In der Flugmaschine bei einem Erkundungsflug verwundet wurde vor einiger Zeit Hauptmann Montu, der in dem von dem italienischen Militärflieger Rossi gesteuerten Kriegs-Eindecker als Beobachter mitflog. Ueber den gefährlichen Erkundungsflug, der mit einer leichten Verletzung des italienischen Hauptmanns endete, erzählt ßossi folgendes :

„Am Morgen des 31. Januar stieg ich mit Kapitän Montu auf und nalun die Richtung nach dem etwa 30 Kilometer entfernten feindlichen Lager. Der Zweck der Reise galt der Rekognoszierung und der Erprobung einer Handbombe. Wir flogen in einer Höhe von 600 AAetern. Nachdem wir 15 Kilometer zurückgelegt hatten, sichteten wir die ersten Gruppen arabischer Zelte, die uns mit einem so wohlunterhaltenen Salvenfeuer begrüßten, daß ich nicht übel Lust hatte, auf die Fortsetzung der Reise zu verzichlen. Aber ich schämte mich sofort meiner Kleinmütigkeit und steure entschlossen direkt auf die türkischen Zelte zu, indem ich meinem Begleiter das Signal gebe, die aufgehängte Bombe zum Abwurf fertig zu machen. 100 Meter vom Zentrum des Zeltlagers entfernt gebe ich das zweite Signal zum .Schleudern und erhalte unverzüglich von Montu das den Abwurf meldende Gegensignal. Um die Wirkung zu beobachten, steuerte ich sofort nach links, ich sah, wie sich eine starke Staubwolke vom Boden erhob und Menschen, Pferde und Kamele nach allen Richtungen auseinanderstoben. Es war ein merkwürdiger Anbl'ck: die Bombe hatte de beabsichtigte Wirkung hervorgebracht. Aber die Freude über diese Wahrnehmung wurde empfindlich durch das Salvenfeuer beeinträchtigt, dessen ununterbrochenes Geknatter auch de^ Mutigsten nervös machen konnte. Ich suche mich durch eine Wendung nach rechts dem Feuer zu entziehen, muß aber die Absicht sofort wieder aufgeben, da ich mit Schrecken sehe, daß ich auf diesem Wege mitten ins Lager des Feindes gerate. So drehe ich denn wieder nach links und bemerke zu meinem Schrecken, daß eine Kugel den Apparat getroffen hat. Ich versuche daraufhin, höher in die Luft zu steigen, aber ich kann nicht. Mit einem kühnen Manöver wende ich mich entschlossen nach der linken Seite des Lagers, während mir mein Begleiter zuruft, daß er verwundet ist. Ich drehe mich ein wenig auf dem Sitz um dem Kapitän ins Gesicht zu sehen, aber der Motor, der mittlerweile die Arbeit eingestellt, nimmt sofort wieder meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Instinktiv stelle ich den Apparat zum Gleitflug ein, glücklicherweise indessen beginnt in diesem kritischen Augenblick der Motor wieder zu arbeiten. So gelingt es mir, die paar Meter, um die sich der Apparat bereits gesenkt hat, wieder einzuholen. In der Zwischenzeit sind aber wieder zwei Kugeln in den Apparat eingeschlagen. Mit dem Motor hatte ich mein rechtes Leiden, jede halbe Minute gab es eine Panne, zudem hatte der Wind, dessen Richtung mir sowieso ungünstig war, an Stärke und Schnelligkeit zugenommen, und ϖ trieb mich von der Richtung ab. Die verfluchten Araber hlrten nicht einen Augenblick mit der Schießerei auf, und es war wahrlich nicht eben ein ermutigendes Schauspiel, dieser Anblick von 2000 Arabern, die uns mit ruhiger Kaltblütigkeit aufs Korn nahmen, fcli hing da oben in schwebender Pein, vom Winde hin und her geschaukelt, mit einem

Motor, auf den nicht mehr zu rechnen war, und in der Furcht, daß Montu tödlich verwundet und demzufolge nicht mehr Herr seiner Bewegungen wäre, die den Apparat unfehlbar zum Absturz halten bringen müssen. Die gleiche Gefahr drohte uns, wenn, was ich befürchten zu müssen glaubte, eine Kugel den Benzinbehälter getroffen hätte. Kurz, ich erwartete meinen Tod von Minute zu Minute Aber das höllische Geknatter der Schießerei nahm allmählich ab. So konnten wir, vom Winde geschaukelt, langsam uns mehr und mehr von dem feindlichen Lager entfernen. Aber die Gefahr war damit noch nicht beschworen, denn einen Kilometer vor uns befand sich nach Ausweis meiner Karte eine starke feindliche Patrouille als Avantgarde, und da ich wegen des schlecht funktionierenden Motors nicht mehr eine Höhe von 600 Metern zu erreichen vermochte, so wären wir dort sicher heruntergeschossen worden, wenn ich nicht blitzschnell nach rechts ausgebogen wäre und damit zwischen uns und den Feind eine Entfernung von fast einem Kilometer gebracht hätte. Um 8 Uhr abends lande ich endlich vor meinem Hangar. AAeine erste Sorge galt der Verwundung des Kapitäns Montu. Zu meiner Freude hörte ich, daß er nur von einer von der Eisenschiene des Sitzbrettes abprallenden Kugel getroffen worden war und eine starke Quetschung erlitten hatte, die seine baldige Wiederherstellung außer Frage stellte. Zwei andere Kugeln hatten den Propeller durchschlagen, und ich verstehe noch immer nicht, daß er dabei nicht völlig zertrümmert wurde. Eine vierte Kugel hatte weiterhin die Wand des Benzinhälters gestreift und eine fünfte die obere Tragfläche durchlöchert."

Vor einigen Tagen kehrte Ltn. Rossi vom Kriegsschauplatz zurück und hat über seine allgemeinen Eindrücke sehr interessante Mitteilungen gemacht.

„Der Militärapparat" sagt Rossi, „eignet sich am besten für den Aufklärungsdienst. Wir versuchten auch aus der Höhe Bomben zu werfen, sind jedoch von der Lösung dieser Aufgabe wieder zurückgetreten, denn aus 1000 m Höhe ist es schwer, genau das Ziel zu troffen und beim Aufschlagen der Bomben auf den weichen Sand blieb gewöhnlich die erhoffte Wirkung aus. Hält man sich in einer Höhe von 1000 m, dann ist der Apparat gegen feindliche Geschosse sicher. Bei 2000 Gewehrkugeln sind es drei oder vier, die wirklich den Apparat treffen und dann ist ihre Kraft derartig gering, daß von einer zerstörenden Wirkung nicht mehr die Rede sein kann. Ueber-raseht einem in großer Höhe eine Panne, so kann man meiner Ansicht nach mit den gegenwärtigen Apparaten immer noch einen Gleitflug von 10 km ausführen.

Man darf nicht vergessen, daß die Aufklärungsflüge in Tripolis nicht sehr leicht sind, denn die Araber verstecken sich in die Oasen und unter die Palmen, wo sie gewöhnlich den Blicken der Beobachter entgehen.

Der moralische Effekt der Apparate auf die Araber ist weniger stark als man annehmen könnte, denn die Bewohner verhalten sich vollständig indifferent gegen alle europäischen Neuerungen. Nur ein einziges mal sah ich sie flüchten. Es war damals, als ich Prospekte auf die Erde fallen ließ, worin sie aufgefordert wurden, sich den Italienern zu ergeben. Sicher glaubten sie es wären neue Sprengmittel. Als sie jedoch bemerkten, daß es nur Papier war, kamen sie wieder zurück und vertieften sich in den Inhalt."

Ein neuer Passagier-Weltrekord.

Adolf Rentzel auf Otto-Doppeldecker, München, flog mit vier Passagieren 21 Minuten.

Neue Rekorde sind Fortschritte in der Flugtechnik, deren große Bedeutung absolut nicht abzustreiten ist. Der praktische "Wert einer Fingmaschine 1 kennzeichnet sich in ihrer Leistung und de Leistung wirkt fördernd auf die weitere Entwicklung des Flugwesens. Unsere westlichen Nachbarn, die immer noch den größten Teil der bestehenden Weltrekorde innnehaben, sehen mit neidischen Blicken auf unsere Erfolge und besonders sind es die letzten in Deutschland aufgestellten Weltrekorde, die ihnen gezeigt haben, daß auch wir imstande sind,

Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

Rentzel mit vier Passagieren im Otto-Doppeldecker. Vorn rechts Adolf Rentzel.

Leistungen zu vollbringen, wie sie die Franzosen nie geahnt hätten, Es ist eigentümlich, wie französische, führende Zeitungen über deutsche Rekordleistungen hinweggehen, lediglich um ihre eigenen Flieger nicht zu kränken und die Fortschritte der deutschen Flugtechnik zu dämpfen.

Auch die letzte große Leistung, der Weltrekord mit 4 Passagieren, ist in Frankreich von den Zeitungen ganz nebenbei bemerkt worden, hat jedoch trotzdem großes Aufsehen erregt und wird ihre Wirkung sicherlich nicht verfehlen......

Am 18. Februar stieg der Fluglehrer Rentzel mit vier Passagieren, Frl. Conus, den beiden Freiherrn von Zastrow und Monteur Enderlin mit seinem Doppeldecker auf, um seine Rekordleistung vom 16. Februar von 9 Min. 8 Sek. zu überbieten. In gleichmäßiger

Höhe in ca. 150 m flog Rentzel 21 Min. 45 Sek. und verbesserte dadurch den von dem Franzosen Busson mit 17 Min. 28 Sek. gehaltenen Rekord. Der von Rentzel benutzte Apparat ist der bekannte Otto-Doppeldecker mit vornliegendem 100 PS Argns-Motor. Der Rumpf

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Der Oito-Drppelclccker wählend des Rekordfluges.

ist so breit gehalten, daß zwei Personen nebeneinander sitzen und sich gegenseitig in der Führung ablösen können. Die Geschwindigkeit des Apparates beträgt ca. 80 km pro Std.

Wenn in nächster Zeit der Passagierrekord mit fünf Personen ebenfalls von Deutschland überboten wird, dann dürften sämtliche Passagierdauerrekorde von deutschen Fliegern auf deutschen Apparaten gehalten werden. Hoffentlich recht bald!

Zur Orientierungsfrage.

Im Anschluß an unseren Orientierungsartikel in Nr. 3 mögen in Nachstehenden! noch zwei Antwortschreiben auf unsere Rundfrage veröffentlicht werden.

Der Vorsitzende des Kölner Club für Flugsport Ing. Paul l) ahmen, unterbreitet uns folgenden Vorschlag:

..Eine Orientierung mittels bestimmter Tafeln und Buchstaben über ganze Länder wird wohl an der Unzulänglichkeit der hierfür erforderlichen Mittel scheitern.

Zur Orientierung empfehle ich folgendes: Auf den verschiedenen Landkarten Deutschlands sind die einzelnen Provinzen bereits durch eine entsprechende Färbung kenntlich gemacht.

Denkt man sich nun z. B. in der Rheinprovinz die Provinzfarbe gelb, so wären in den größern Städten an alk-n vier Himmelsrichtungen je das Dacli eines Hauses zur rechten Hälfle mit der gelben Farbe zu bestreichen. In der Provinz würde ein jeder Kreis wieder eine bestimmte Farbe erhalren und hiermit würde die linke Dachseite der beir. Häuser gekennzeichnet. Größere Städte des Kreises könnten zur Vervollständigung alsdann noch durch von oben leicht erkennbare Zahlen und Buchstaben auf der linken Dachfläche gezeichnet werden. Hierdurch wäre der Luftschiffer bequem in der Lage, an Hand seiner einfachen Karte festzustellen, daß er sich in der und der Provinz und in dein und dein Kreise befindet. Er wird alsdann dadurch, daß die größeren Städte und Flußläufe sich gut abzeichnen, bequem und genau den augenblicklichen Punkt, wo er sich befindet, bestimmen können.

Die vorgeschlagene Art eines Wegweisers ist spez. billig. Ich glaube, daß wohl jede Stadt und Ortschaft Deutschlands di. se erforderlichen Kennzeichen auf eigene Kosten ausführen lassen wird und auch ihren Siolz darin sehen wird, die Zeichen in Ordnung zu halten.

Sehr interessante Ausführungen enthält das Antwortsehreiben von Leutnt. a. D. Raabe, Cronberg, der die Ausbildung von besonderen Kursweisern empfiehlt.

„Darf ich mir gestatten, als Nachzügler zur Frage der „Orientierung der Flieger" (Flugsport 1912, Heft 3i noch zum Worte mich zu melden.

Die Frage der Orientierung der Flieger ist bei Flügen über Land heute bereits eine politische militärische geworden. Die mehr oder weniger große Gewandlheit des einzelnen „Kursweisers" an Bord des Flugzeuges, sei er nur Regleitperson, sei es der Pilot selber, verlangt als Maßstab, vielleicht als einzigen Maßstab, der richtige Maßnahmen für langjähriges und zielbewußtes Arbeiten verbürgt, die Zugrundelegung des „Ernstfalles"- Mit an.leren Worten besagt das zwei Pole der Tätigkeit. I. Tätigkeit über bekanntem Gelände. 2. Tätigkeit über unbekanntem GelänJe.

1. Die Tätigkeit über „bekanntem Gelände".

Die bei Erörterung von Wechselwirkungen aufeinander — vorliegend Flug-technik und Kartographie - zu erledigende Vorfrage belrifft immer in sich eine kleine hypothetische Voraussetzung der Materie Für dieses Mal bestände sie darin, daß die Flugapparate bereits so weit vervollkommnet wären, daß ein „feldmäßiges Landen auf unvorbereitetem Boden (und entsprechendes Auffliegen), milden Bergklippen, Wiesentälern, in Waldgebirgen und Aehnliches mehr zu den handwerklichen Gepilogenlieitcn des Flugbetriebes gehört ohne Flugzeughnvaric Mit einer derartig abgeschlossenen Größe gelangt man vorwegnehmend zu der scharfen Erkenntnis der letzleren Conseqnenzeii Diese dürften für den Kurs-weiser an Bord des Flugzeuge zukünftig darin bestehen, daß er das Gelände seiner Pilotentätigkcit in allen Tages- und Naclitbelenchtϖiimen (charakteristisch vor allem das allererste Frühlicht) so kennt, daß Karlen überflüssig sein k ö u n t e u. Der Kursweiser wird mi hin für seine Provinzen durchaus den Charakter eines Lotsen erhalten. So über das Ziel hinausgeschossen auf den ersten Augenblick diese Maximen auch aussehen mögen, bei näherem Zuschauen rangieren sie sich leidlich zwanglos in den großen allgemeinen Rahinen hinein.

Es ist für Spezialisten, wie es für die Zukunft für alle praktische Flugzeugbesatzungen zutreffen dürfte, eine normale Leistung, daß sie eine Provinz, z. B Lothringen als Kernstück und die angrenzenden Nachbarprovinzen so erfahrungsmäßig kennen, daß die 200 oder 30ü 000 teilige Landkarte nur noch als Controlle dient. Wer in heutigen Militärbetrieben 5 — 10 Jahre in seiner Stammprovinz zugebracht hat, der kennt von den berittenen Truppen wenigstens diese in- und auswendig. Daß es sehr gute Piloten geben wird, die immer im Kampfe mit der Karte liegen, wird so sicher als vereinzelter Zustand bleiben, wie es bisher seit der Einführung im Erdenstaube auch war. Bekannt ist der Stoßseufzer jenes Strategen: „Schlachten gesen Norden lassen sich immer am leichtesten schlagen". (Weil die Ortsnamen und Signaturen leserecht und zugleich in der Marschrichtung stehen.)

Sämtliche künstliche Ortsbezeichniingen mit Sektionsbuchstaben und ähnlichen Bezeichnungen erliegen wahrscheinlich in dem zukünftigen Ernstfälle genau dein Zwange, wie die Seezeichen Sie werditi eingezogen. Derselbe Gemeiude-diener, der die Mobilmachiingsordre am Bnrgermcisterliniis anschlügt, turnt mit

der Feuerleiter auf die Dächer in der Gemarkung, die Plansignaturen tragen und nach einer Viertelstunde ist mit Leimfarbe das Zeichen unkenntlich gemacht.

Man halte scharf auseinander, daß über einen Radius von 100 km die Operationsarmee ihre Flieger nicht zu schicken braucht, um über das Wesentliche des Tagesbedarfes orientiert zu sein. Die ersten großen Flüge nach einer Mobilmachung führen alsbald doch über unbekanntes Gelände in eigentliches Feindeslande. Wer alsdann nur gelernt hat und vor allem sich eingewöhnt hätte, nur nach den „Zeichen" zu „schwimmen", würde sehr unsicher werden. Denn der Gegner wird es uns nicht bequemer machen, wie wir, auch er wird seine Zeichen einziehen.

2. Die Tätigkeit über „unbekanntem Gelände".

Von ihr gilt der Satz eines rigorosen Feldherrn der alten Schule: Man muß das Unmögliche verlangen, damit das Möglichste geleistet werde. Ein Grundsatz, wie keiner geeignet, die zu erwartenden Anforderungen und Leistungen in der Lufttechnik zu kennzeichnen.

Die Tätigkeit über unbekanntem Gelände findet ihre Vorbereitung beim Kursanweiser im Frieden bereits durch Touristik, Eisenbahn und Radfahrt, ferner durch Karten und Geographiestudium eine derartige Unterlage zu schaffen, daß er im Ernstfalle nur noch unter Zuhilfenahme seiner Lufterfahrungen die Geländegestaltung sich aerisch umzuwerten braucht, um gleichfalls die Vertrautheit, wie fast im alten Lotsenbezirke, zu erhalten.

Aus diesem Grunde findet die freie Pilotentätigkeit eine von Tag zu Tag steigende Wertigkeit für die Landesverteidigung. Die Staatsoberhoheit, die vermittelst einer Blechmarke und einer Litewka den privatisierenden kriegsfreiwilligen Aeronauten mit seiner wertvollen „frei erworbenen" Geländekenntnis der Grenzländer zum Combattanten mit allen kriegsmäßigen Vorrechten und Privilegien jeder Zeit stempeln kann, wird in Zukunft ohne ein freiwilliges Luftfahrerkorps gar nicht auskommen können.

Wie die Karte der Luftfahrer beschaffen sein soll, geht aus folgenden Gründen hervor:

1. Die Lichtfreudigkeit der Karte soll so abgestimmt sein, daß sie der wichtigsten militärischen Aufklärungszeit, dem allerersten Morgenlicht, entspricht.

2. Das Ackerland soll so wiedergegeben sein, wie es nicht den Jahreszeiten mit viel Frühlicht (Frühjahr und Sommer) entspricht, sondern wie es im Winter (ohne die 8—10 Tage mitteleuropäischen Schnees) und Herbst während 8 Monate aussieht, also dunkelbraun - nußbraun.

3. Die Chausseen sollen hellgelb stehen, mindere Wege schmaler und dunkleres gelb.!

4. Die Häuser und Ortschaften, die früher rot in Dreiviertelaufsicht von oben, wie Merian, des Mittelalters klassischer Kartograph, sie gezeichnet hat, halb Grundriß, halb Vogelperspektive.

5. Provinzen mit Schieferdächern erhalten anstatt roter Ortssignatur schieferfarbige Signatur.

6. Die senkrechten Hauswände sind in1 einem schmutzigen Weiß wiederzugeben. Die Begrenzungslinien dünnschwarz auf der Licht-, dickschwarz auf der Schattenseite.

7. Die Wälder braungrau bis graugrün."

In Frankreich wurde in den letzten Tagen eine neue Militärfliegerkarte von dem geographischen Institute herausgegeben, bei der besondere Punkte in rot und gute Landungsplätze in gelb eingetragen sind. Man hofft, daß diese Karte, die in ihren sonstigen Ausführungen eine sehr gute üebersichtlichkeit bietet, bei den Militärfliegern Beifall finden wird.

Mit diesem möchten wir die Ergebnisse des Rundschreibens beschließen und hoffen, daß sämtliche an der Flugtechnik beteiligte Kreise dazu beitragen, der Orientierung und ihren Mitteln das größte Interesse entgegen zu bringen, damit wir auch in dieser Hinsicht bald zu einem endgültigen und brauchbaren Resultate gelangen.

No. 5

„Kl. PCS PORT".

Seite 179

Luftbomben-Lancier-Apparate.

Die Verwendung der Kriegsflugmasohine nicht nur als Erkundungsmittel und schnelleres Verkehrsmittel, sondern auch als direkte Angriffswaffe dürfte durch die Erfolge in Tripolis aufs Klarste erwiesen sein. Die Mitführung ziemlich großer Nutzlast in der modernen Elugmaschine ermöglicht es, daß ein derartiges Luftverkehrsmittel eine ziemlich große Menge von Sprengkörpern mit sich führen kann, die die Insassen auf die feindlichen Linien schleudern können. Die Wurfbomben, wie sie zum erstenmal praktisch in Tripolis verwendet wurden, haben gezeigt, daß zur genauen Lancierung dieser Sprengkörper besondere Apparate geschaffen werden müssen, um die nötige Treffsicherheit zu erreichen.

Die italienischen Kriegsflieger in Tripolis bedienten sich der Handbomben, die sie auf die feindlichen Truppen warfen und damit ganz erhebliche Effekte unter den Arabern und Türken erzielten. Das Werfen von Hand aus ergibt allerdings nicht derartig präzise Resultate, wie man sie besonders von großer Höhe, die der Flieger zur eigenen Sicherheit aufsuchen muß, verlangen kann. Aus einer Höhe

Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

Abb. 1. Bomben-Lancier-Flugmaschine von !i. Farman. M Munitionskasten, B Bomben.

von 70—80 m erreicht man allerdings eine ziemlich gute Treffsicherheit, die jedoch im Kriegsfalle nicht in Betracht kommt, da hierbei bedeutendere Höhen aufgesucht werden müssen und folglich der Handwurf nicht mehr den Erfolg ergeben kann, den er in geringerer Höhe erreicht.

Die Sicherheit eines Kriegsfliegers dürfte nach den neuesten Erfahrungen in einer Höhe von etwa über 1000m liegen, da er dann von den feindlichen Geschossen gesichert ist. Wie groß die Bedeutung der Flugmaschinen als Offensivmittel ist und welche Erfolge man sich in dieser Richtung von ihr noch verspricht, zeigt die

Stiftung des Michelinpreises, den die bekannten Pneumatikfabvikanten zur Verfügung gestellt haben um dadurch die Verwendung der Flugmaschine zu rein kriegstechnischen Zwecken zu fördern. Die Bedingungen über diesen interessanten Preis dürften den Lesern zur Genüge aus dem Pariser Brief bekannt sein. Im Anschluß an die erste Stiftung, fügten die Gebr. Michelin einen zweiten Spezialpreis hinzu, der für den besten Bombenlancierapparat bestimmt ist.

Schon vor einiger Zeit haben sich verschiedene Konstrukteure mit, dem Bau derartiger Maschinen beschäftigt und auch schon einige Erfolge zu verzeichnen. Der vorerwähnte Wettbewerb hat verschiedene französische Konstrukteure veranlaßt, besondere Apparate zu konstruieren, die es ermöglichen, die zu lancierenden Bomben mit größter Treffsicherheit fallen zu lassen.

Auch Henri Farman, der sich an der Veranstaltung beteiligt, hat hierfür einen besonderen Apparat gebaut und zwar verwendet er seinen bekannten Doppeldecker mit 100 PS Gnommotor, der ein besonderes Chassis trägt, auf dem die Lanciervorrichtung eingebaut ist. Hinter dem Führer sitzt der Lancier, dem 14 Bomben zur Verfügung stehen, die in den Munitionskästen M aufbewahrt sind. Der

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Abb. 2. Bomben-Lancier-Flugmaschine von ti. Farman. V Visier, K, Korn, M Munitionskasten. Lancier faßt die Bomben B ähnlich wie eine Kegelkugel, mit dem Mittelfinger in einem besonderen Ausschnitt, und kann sie zwischen den Beinen durchfallen lassen. Eine besondere Visiervorrichtung, die für den FilMrer bestimmt ist, besteht aus 2 Drähten, die die Visier-V und Kornlinie K darstellen. Mit diesem Apparat sollen trotz der Einfachheit der Einrichtung gute Resultate im Bombenwerfen erzielt worden sein.

Unter den bis jetzt existierenden Systemen scheint der Apparat des Amerikaners Leutnant Riley E. Scott die größte Beachtung zu verdienen. Bei der Konstruktion des Apparates hat Scott den verschiedenen auftretenden Momenten Rechnung getragen: Dem Luftwiderstand beim Durchfliegen des Geschosses und der abtreibenden Kraft durch den Wind.

„Flugsport", Organ der deutschen Flugtechniker-Vereine. 1912.

Tafel III.

Nieuport-Eindecker Typ IV 6 50 PS 6nom.

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Nachbildung verboten.

Der Apparat besteht aus einem Behälter mit zwei torpedoförmigen Geschosseu 9, die an ihrem Schwanz kreuzförmig ausgebildete Stabilisierungsflächen 10 besitzen. Die Projektile ruhen in Tragbändern 8 und werden durch einen Schieber 7 in i h rer n orma len Lage gehalten. Ueber den Geschossen befindet sich ein Gestell mit Visiervorrichtung und Fernrohr. Die Einrichtung besteht aus einer Anzahl

konzentrischer Ringe, die in Kardangelenken ruhen. Der Schwerpunkt des ganzen Systems liegt tiefer als der Aufhängepunkt der Ringe. Die Einstellung dieser erfolgt

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Abb. 3.

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Abb. 4. Lanciervorrichtung von Lt. Scott. Oben links: Der Lancier. Unten: Anordnung des Apparates unter der Carosseric.

Lanciervorrichtung von Lt. Scott.

durch Drehen des Triebe» 3. Zum Ausgleich der Massen dienen die Gegengewichte 6. Ein Fernrohr 1 mit Gradeinteilung 2 ist an dem inneren Ring unter einem rechten Winkel befestigt. Die Auslösevorrichtung erfolgt mittels des Drückers 4 und der Feder 5.

Leutnant Scott, der seine Versuche zuerst in Amerika ausführte, ist nun zur Bestreitung des Michelin-Preises in Frankreich eingetroffen, um der französischen Regierung die Brauchbarkeit seines Apparates in praktischen Versuchen vorzuführen. Ein derartiger Apparat wurde in letzter Zeit an einem französischen Wright-Apparat befestigt und zwar derart, daß der Lancier auf dem Batich liegt und durch ein Marienglas die Erdoberfläche beobachten kann, während der Führer des Apparates links von ihm sitzt und die Steuerung der Flugmaschine übernimmt. Die Anordnung der ganzen Einrichtung an der Wright-

maschine, die von Gaubert gesteuert wird, geht aus den Abbildungen hervor.

Das Prinzip des Apparates beruht darauf, daß das Geschoß mit derselben Geschwindigkeit die Lanciervorrichtung verläßt, mit der sich die Flugmaschine vorwärts bewegt Wenn das Projektil in den Luftraum fällt, beschreibt es eine Parabel, deren Form durch die Fallhöhe und durch die Geschwindigkeit des Apparates im Verhältnis zum Erdboden bestimmt wird. In der Abb. 5 ist die Visierlinie die Verlängerung der Achse des Fernrohres. Wenn diese Achse in die Vertikalebene des visierten Zieles fällt und das Fernrohr unter dem gewünschten Winkel geneigt ist, wird das Geschoß das Ziel erreichen, wenn es in dem Moment lanciert wird, wo die Visierlinie das Ziel trifft.

Um nun den gewünschten Neigungswinkel des Fernrohres bestimmen zu können, muß man die Höhe und die Geschwindigkeit

des Apparates im Ver-

B 2

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hältnis zur Erdoberfläche kennen. Die

Abb. 5.

Methode, die Leutnant Scott zur Bestimmung der Geschwindigkeit ausgedacht hat, ist folgende: Der Apparat wird in einer gleichmäßigen Höhe gehalten, in der die vorzunehmende Rechnung ausgeführt wird. Das Fernrohr wird unter 45 ° geneigt und das Ziel C zuerst über-flogen.Es muß nun sein

BD=DC=AO=AB. Sobald das Ziel in dem Netz des Fernrohres erscheint, wird mit einem Chrono -graphen die Zeit gestoppt und das Fernrohr in die Nullage, d. h. in die vertikale Bild des Zieles erscheint nun in dem Netz, In diesem Moment wird der Wenn man nun die Höhe

BD Flugrichtung, BC 1. Visierlinie, DC 2. Visierlinie.

Stellung gebracht. Das wenn der Apparat im Zenith steht. Chronograph zum zweitenmal gestoppt, über dem Erdboden durch die Zahl der gemessenen Sekunden dividiert, erhält man die Geschwindigkeit im Verhältnis zum Erdboden. Kennt man nun die Geschwindigkeit und die Höhe, die man an einem Barografen ablesen kann, so kann man mit Hilfe der Trigonometrie den Winkel bestimmen, unter dem das Fernrohr geneigt sein muß, damit das Projektil in dem richtigen Moment abgelassen werden kann. Korrektionstabellen müssen ebenfalls dabei berücksichtigt werden, um dem Luftwiderstand bei dem Fallen des Projektils und der Ablenkung durch den Wind Rechnung trugen zu können.

Eine Tabelle für Spann Schlösser.

Die meisten unserer heutigen Flugmaschinen besitzen zur Versteifung der Tragdecken, sowie der sonstigen Hauptteile des Apparates immer noch sehr viel Spanndrähte, die durch eingeschaltete Spannschlösser angezogen werden Für den Konstrukteur einer Maschine ist es Bedingung, daß er die Kräfte kennt, die er dem Spannschloß zumuten kann, das an dem betreffenden Teil des Apparates zur Anwendung kommen soll. Ist die Kraft bekannt, so läßt sich nach

den einfachen Rechnungen der Festig-!;/- keitslehre sofort die Dimension des Spannschlosses feststellen. Eine derartige Rechnung erübrigt sich durch nachstehende Tabelle, die uns die verschiedenen Abmessungen der Spannschlösser angibt. Die Versuche zur Feststellung dieser Angaben wurden an der Universität in London in dem Materialprüfungs-Laboratorium vorgenommen und erstreckten sich auf Spann Schlösser mittlerer Größe, die meistenteils zur Verwendung kommen.

Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

M = 3d; 8 = 3-^4 mm

Der Flugsport in England.

(Originalbericht unseres Londoner Korrespondenten.)

Viel gibt es nicht zu berichten. Man munkelt ja allerlei, aber man siebt nichts. 3,4 Mill. Mk. sollen vom Kriegsministerium bewilligt werden.

Der unglückliche Sturz des bekannten englischen Fliegers Graham Gilmour wird schon von den Tageszeitungen nach Deutschland berichtet sein. Die Maschine, Martin-Handasyde-Ein-decker, mit welcher er verunglückte, gebrauchte er seit 6 Monaten, und in der letzten Zeit war keine Veränderung mit ihr vorgenommen worden.

Am Morgen des 10. Februar machte Gilmour einen Ausflug von Brooklands und beabsichtigte nach etwa einer Stunde zurückzukehren. Es war ein schöner Morgen, aber andere Flieger in Brooklands beobachteten an diesem Tage auffallend viele sogenannte „Luftlöcher" und brachen deshalb ihre Flüge ab. Auch Gilmour scheint ähnliche Erfahrungen gemacht zu haben, denn man sah seine Maschine etwa zwei Minuten vor dem Unfall ziemlich unruhig fliegen. Es gelang ihm jedoch wieder in ruhigen Flug zu kommen und in einer Höhe von etwa 100 m näherte er sich dem Park von Eichmond. Hier beobachtete man, daß die Schnelligkeit der Maschine sich verminderte, und man gewann den Eindruck, als ob Gilmour sich anschicke, zu landen. Da schoß plötzlich der linke Flügel schräg nach aufwärts und rückwärts, wie wenn ein Vogel seinen Flügel zurücklegt (während der rechte Flügel fest blieb). Der Apparat stürzte vornüber und fiel zuerst langsam, dann immer schneller zu Boden. Der Hergang war also nach den Augenzeugen derart, daß Gilmour wegen der unruhigen Luft im Park von Eichmond landen wollte, daß er mit arbeitendem Motor zum Gleitfluge überging und daß dabei der linke Flügel nachgab und sich nach rückwärts legte. Der Unglücksfall würde also genau demjenigen "Wächters auf Antoinette gleichen.

In den politischen Zeitungen und der Fachpresse werden der Eegierung immer von neuem Vorwürfe gemacht, weil sie so zögernd bei der militärischen Ausnützung der Flugmaschine vorgehe, bisher aber ohne sichtbaren Erfolg.. Daß es an geeigneten Offizieren nicht mangeln würde, zeigte am 14. Februar der Leutnant Barrington Kennet, der mit einem Passagier eine Entfernung von 401,5 km flog, was einen Weltrekord darstellt. Der Eoyal Aeroclub hat sich deshalb an die internationale Föderation gewandt, um die offizielle Anerkennung dieses ßekords zu erhalten.

Vom deutschen Militärfingwesen.

Die Heeresverwaltung, welcher leider nur bescheidene Mittel zur Verfügung stehen, hat einige Flugmaschinen bei verschiedenen deutschen Flugzeugfirmen in Auftrag gegeben, die zum größten Teil bis 1. Mai abgeliefert sein sollen. Es erhielten, wie wir erfahren, die E. Eumpler - Luftfahrzeugbau - G. m. b. H. einen Auftrag auf 16 Tauben ; ebensoviel Doppeldecker sollen die Albatros - Werke liefern. 11 Maschinen sind bei der Aviatik-A.-G. in Mülhausen bestellt und kleinere Posten sind an Harlan (2 Eindecker), Dorner (1 Eindecker) und Euler (3 Zweidecker) vergeben worden.

Ferner wird im Laufe des nächsten Etatsjahres dem dringendsten Bedürfnis abgeholfen und zunächst die Einrichtung von Fliegergarnisonen an unserer Westgrenze vorgesehen. In Betracht kommen die wichtigsten Festungen wie Cöln, Metz, Straßburg, Diedenhofen und andere Orte, die noch nicht bestimmt sind. In Anbetracht der französischen Anstrengungen, die auf dem Gebiete der Militäraviatik gemacht werden, dürfte eine solche Verteilung als ein natürliches Erfordernis angesehen werden, das dem strategischen Aufmarsch an der Grenze zustatten kommen würde und auch für die engere Auf-

klärungstätigkeit besondere Vorteile böte. Die Garnisonen werden mit einer Anzahl Flugmaschinen und allen Einrichtungen, die deren Unterbringung und Betrieb benötigen, ausgerüstet. Mit den zuletzt bewirkten Ankäufen dürfte die Heeresverwaltung bis zum 1 April d. Js. etwa 50 Flugzeuge besitzen.

Die Luftkrankheit der Flieger.

Die Ursachen der meisten Unglücksfälle in der Flugtechnik werden selten bekannt, und können dadurch nicht belehrend wirken; der Flieger fällt meist aus großer Höhe und ist wohl in den häufigsten Fällen schon bewustlos oder tot, ehe er den Boden wieder erreicht. Sein verstümmelter Körper, der verworrene Knäuel von Leinwand, Draht und Motorteilen vermögen nichts mehr auszusagen Allgemein nimmt man einen Defekt des Aeroplares oder ein falsches Manövrieren des Fliegers als Ursache der Katastrophe an, ohne darauf zu achten, daß die Flugtechnik auch ihre Opfer unter den geschicktesten Piloten mit den zuverlässigsten Flugzeugen sucht. Ein französischer Arzt, Dr. R. Cruchet, hat nun Untersuchungen mit Aviatikern angestellt, deren Ergebnisse uns den Schlüssel zu manchem Todesflug geben. Nach ihm befällt den Aviatiker bei dem Aufstieg, mehr noch bei dem Niederflug, ein Unwohlsein, eine Art von Luftkrankheit, die des Fliegers psychische und physiologische Fähigkeiten beeinträchtigt und dessen Beherrschung seines Flugzeuges vermindert.

Dr Cruchet stellte fest, daß bei einem Aufflug bis zu 1500 Meter etwa die Atmung kürzer wird, das Herz schneller schlägt, sich leichte Kopfschmerzen einstellen und der Flieger eine Art leichten Unwohlseins empfindet, ähnlich dem der Seekrankheit, doch lange nicht in so starkem Maße. Oft wird das Sehen getrübt, manche Aviatiker litten selbst unter Halluzinationen. Ueber 1500 Meter stellt sich Ohrensausen und Schwerhörigkeit ein, dann aber macht sich bei dem weiteren Hochflug die Kälte sehr bemerkbar, speziell wollen die Glieder nicht mehr so leicht gehorchen, als zuvor.

Im allgemeinen sind dies also die gleichen Symptome, die sich bei manchen Bergsteigern einzustellen pflegen, doch unterscheiden sie sich von letzteren, dadurch, daß sie schon bei viel geringerer Höhe auftreten.

Viel stärker machen sich diese Symptome aber bei dem Niederflug geltend Das Herz schlägt noch viel stärker, der Pulsschlag nimmt stark zu die Atmung wird unregelmäßig, das Ohren-Sausen, -Heulen oder -Pfeifen hat ebenfalls zugenommen, dann aber stellt sich hauptsächlich ein brennendes Gefühl über das ganze Gesicht ein, die Kopfschmerzen nehmen in sehr starkem Maße zu und eine Schlafsucht, besser noch, Schlafgier überfällt den Flieger und zwingt ihn trotz aller Willenskraft, auf kurze Momente die Augen zu schließen. Selbst falls diese Schlafgier nicht auftritt, sind doch die Bewegungen der Glieder schwer geworden, ebenso fällt es dem Aviatiker schwerer, klär zu denken und zu beobachten,

Bemerkenswert ist es nun, daß nach der Landung diese Symptome nicht schwinden, trotz der moralischen wie physischen Erleichterung, die dem Flieger zu Teil wird, falls er wieder festen Boden unter den Füßen hat. Wer bei den großen Wettfliegen, bei denen es einen Höhenrekord galt, sah, wie schwerfällig der Aviatiker seinen Sitz nach beendetem Fluge verließ, wie er oft schwankend, taumelnd und sich auf seine Mechaniker stützend den Schuppen wieder gewann oder wie er alle Fragen und Glückwünsche Uberhörte oder nicht beantwortete, mußte sehen, daß er hier nicht einen im normalen Zustand der Ermü-

dung sich Befindenden vor sich hatte, sondern einen Menschen, dessen psychische wie physische Fähigkeiten eine kürzere oder längere andauernde Einbuße erlitten hatten.

Schon das Aeußere des vom hohen Flug rasch niedergestiegenen Fliegers verrät seinen anormalen Zustand. Die Hände hängen schwer herab, die Finger sind blau angelaufen, die Augen sind rot umrändert trotz der Schutzbrille, die Lippen blaublaß und die Wangen brennen wie Feuer. Die Kopfschmerzen nehmen oft noch zu und dauern in einzelnen Fällen Tage lang an. Das gleiche gilt von der Schlafsucht, der Flieger fällt Stunden lang in einen schweren, aber nicht wohltuenden Schlaf. Das Messen der Arterienspannung vor und nach dem Flug hat ergeben, daß nach dem Niedersteigen eine Ueberspannung von sehr starkem Grade zu verzeichnen war. Die meisten dieser Kennzeichen, diese Hochspannung der Arterien, die Kopfschmerzen, das Ohrensausen und die Schlafsucht unterscheiden diese Krankheit durchaus von derjenigen, die beim Bergsteigen sich manchmal bemerkbar macht. Ursache dieser Luftkrankheit dürfte die Schnelligkeit sein, mit welcher der Flieger große Höhen erreicht, oder vo,i großen Höhen herabfliegt. Der Aufstieg auf 1000, 2000, 3000 und 4000 .V.eter Höhe erfolgte bei einigen Fliegern innerhalb 20 bis 55 Minuten, während das Niederfliegen mit der rasenden Schnelligkeit von oft 18 bis 30 Kilometer pro Stunde, das heißt, in 4 Minuten bei einer Höhe von 2000 Metern zum Beispiel vor sich geht. Der menschliche Organismus hat nicht die Zeit, um sich dem raschen Wechsel der Luft und der Druckverhältnisse anzupassen, die bei 3000 Metern Höhe 520, bei 2000 Metern etwa 590 und bei Meeresspiegel 760 Millimeter Quecksilber messen

Es ist einleuchtend, daß sich diese Luftkrankheit meist nur bei solchen Fliegern einzustellen pflegt, die große Höhenflüge zu verzeichnen haben Unter einem Niederflug von 1000 Metern Höhe stellen sich die einzelnen Symptome nur sehr schwach oder gar nicht ein. Als Leo Moräne in Trouville von einer Höhe von 2600 Metern bei stillstehendem Motor infolge dessen Versagens innerhalb sechs Minuten niederflog, hatte er alle Stadien der oben geschilderten Luftkrankheit durchzumachen. Vedrines, der einst ebenfalls von einer Höhe von etwa 3000 Meter innerhalb dreier Minuten niederfliegen mußte, litt an blau aufgeschwollenen Adern und an Kopfschmerzen, die Tage lang andauerten. Wahrscheinlich ist der Tod Chavez, der schon die Alpen überflogen hatte, und der Hoxsey's in Los-Angeles dieser Luftkrankheit zuzuschreiben, ^die den Fliegern Bewußtsein und Willen lähmt Besonders bei Hoxsey kann man dies annehmen, da dessen Aeroplan ruhig auf etwa 150 Meter über dem Erdboden niederflog, dann erst anfing, sich zu drehen, ohne daß der das Niederfliegen scharf beobachtende Latham die kleinste Bemühung des Unglücklichen zur Stabilisierung seines Apparates hätte konstatieren können.

Beachtenswert ist es, daß ein Flieger weder der Bergkrankheit, noch der Luftkrankheit beim Aufstieg in einem Ballon unterworfen zu sein braucht, um doch der Luftkrankheit der Aviatik zu unterliegen. Latham ist hierfür ein Beispiel, wenn bei ihm auch die Symptome der Luitkrankheit nicht sehr stark auftreten.

Ursache der Luftkrankheit ist in der Hauptsache weder die Kälte, noch die Ermüdung, noch die Schnelligkeit des Fluges, sondern der rasche Wechsel des Luftdruckes, dessen Folgen schon lange den Ballonfliegern bekannt sind, wie auch manchen Personen, die mittels einer Bergbahn (Jungfraubahn1 in wenigen Minuten von großer Höhe zu Tal fahren. Auch bei diesen Personen stellt sich oft Ohrensausen und Schwerhörigkeit, sowie Schlafsucht ein, wie man auch die meisten Fahrgäste der hohen Bergbahnen der Alpen bei der Nieder-

fahrt trotz Naturschönheit und der Sterne Baedeckers vor sich hin schlummernd findet. Desgleichen stellte sich diese Luftkrankheit bei Kraftwagen—Touristen ein, die in raschem Tempo von großer Höhe zu Tal fuhren."

Für die Praxis der Aviatik ergibt es sich, daß der Flieger den Höhenflug, wie das Niederfliegen, nur langsam vornehmen und, wenn möglich, bei sehr großer Höhe in der Lage sein soll, Sauerstoff einzuatmen, um den Sauerstoffmangel der verdünnten Luft einigermaßen auszugleichen. Dr. M. U.

Das zukünftige französische Militärflugwesen.

Im Anschluß an die große Bewegung, die über ganz Frankreich hinweggeht zur Schaffung und zur Neubildung des französischen Flugwesens, hat Minister Millerand dem Senate eine erschöpfende Darstellung seines Programms unterbreitet, das das größte Aufsehen erregte und ihm von allen Seiten den größten Beifall brachte. Die für das Jahr 1912 vorläufig bewilligten 12 Millionen Fr. werden wahrscheinlich durch einen Nachtragskredit auf das Doppelte erhöht werden.

Der Minister erklärte zunächst, er werde strengstens darüber wachen, daß gewisse Anzeichen separatistischer Bestrebungen hinsichtlich der Aviatik in der Armee im Keime erdrückt werden, da er eine Eifersüchtelei zwischen Artillerie und Genie nicht dulden werde. Die Av atik gehört keiner dieser Waffen ausschließlich, sondern dem ganzen Lande. Die strategische Einheit dieser neuen Waffe ist die

„Escadrille"

von acht Flugapparaten, die in je eine Sektion von Ein-, Zwei- und Vielplätzen-Aeroplanen und eine Reservesektion zerfällt. Jede Escadrille erhält das nötige rollende Material für den Transport der Apparate und der Munitionen, elf oder zwölf Automobile mit einer rollenden Werkstätte und einem schnellfahrenden Kraftwagen. Schon jetzt können mit den vorhandenen 208 Aeroplanen dreizehn Escadrillen gebildet werden: Acht Feldzugs- und fünf Platz-Escadrillen. Für jede Escadrille besteht ein Mobilmachungsplan, der die Verwendung des Personals genau vorschreibt. Ende 1912 werden 27 Feldzugs- und 5 Platz-Escadrillen mit 344 Flugapparaten bereit sein. Jedes Armeekorps erhält dann eine Escadrille für die weiten Rekognoszierungen Was die Artillerie-Flugapparate an langt, so wird diesbezüglich erst eine Entscheidung nach den Manövern getroffen werden können, die im März beginnen. Mit der Einrichtung von

30 Aviations-Zentren

wird unverzüglich der Anfang gemacht, so daß sämtliche im Laufe des Jahres 1913 beendigt werden können. Diese 30 Zentren werden gleichzeitig als Schulen und Depots dienen und mit allen erforderlichen Einrichtungen, Schuppen, Werkstätten, Magazinen, Kasernen, Krankenanstalten usw. ausgestattet sein. Jede Escadrille umfaßt sieben Piloten, /Vaschinisten mit Unteroffizieren und Soldaten. Frankreich kann somit auf

234 Piloten-Offiziere,

210 Beobachter, 42 Maschinisten, 110 Unteroffiziere, 1600 Korporale und Sappeure und überdies 500 nicht spezialisierte Soldaten zählen. Die Rekrutierung wird alle Waffen ohne Ausnahme umfassen. Die nötigen Cadres für das Personal werden durch ein Luftschifferreginient mit 7 Kompagnien geschaffen, die eine beliebige Anzahl von Sektionen erhalten sollen. Die Piloten werden sowohl in den bürgerlichen, wie in den militärischen Aviatikschulen ausgebildet. Die Beobachter haben eine Probezeit durchzumachen. Das gesamte Personal des Luftschifferregiments erhält Entschädigungen und die im Luftschifferdiensle Verwundeten werden als Kriegsverwundete angesehen

Senator Reymond, selbst ein rühriger Aviatiker, verwies auf den zu befürchtenden Mangel an Aviatik Offizieren, da man die für die Luftschiffahrt notwendigen 2000 Offiziere unmöglich dem stehenden Heere entnehmen könnte, weshalb er den Vorschlag machte, kühnen jungen Leuten die Möglichkeit zu bieten, ihren Dienst in der Militär-Luftschiffahrt zu machen.

Großen Beifall haben die Vorschläge des „Matin" gefunden, der die gesamte französische Presse auffordert,

Flugmaschinen-Meetings zu veranstalten,

deren Erlös dem Kriegsminister zum Ausbau des Militärflugwesens unterbreitet werden soll, um auf alle Fälle die Vorherrschaft Frankreichs in der Luft zu sichern.

Der „Matin" stiftete zu diesem Zweck selbst 50000 Franken, dem sich „Le Journal" und „Le Petit Journal" ebenfalls mit der gleichen Summe anschlössen.

Die gesamte französische Presse

hat dem Vorschlag des „Matin" größten Beifall gespendet und wird mit aller Macht mit der Ausarbeitung der Pläne zu den Veranstaltungen beginnen.

Die Flugmaschinen-Geschenke

für das französische Heer nehmen täglich zu. Die Städte Rouen, Calais, Nancy. Verdun und viele andere haben in ihren Magistratsitzungen einstimmig beschlossen, dem französischen Staat je eine Flugmaschine, die den Namen der Stadt trägt, zum Geschenk zu machen.

Flugtechnische g^F* Rundschau.

Inland.

Flugführer-Zeugnissse haben erhalten.

No. 154. Horn, Albin, Obstplantagenbesitzer, Roitzsch b. Würzen, geb. am 2. Dezember 1878 zu Roitzsch, für Zweidecker (Deutsche Flugzeugwerke1, Flugplatz Lindenthal am 25. Januar 1912.

No. 155. Braun, Leutnant im Drag.-Regt No. 9, Charlottenburg, geb. am 17. März 1885 zu Metz, für Eindecker (Rumpler-Taube) und Zweidecker (Farman, Albatros), Truppenübungsplatz Döberitz am 25. Januar 1912.

No. 156. Krumsiek, Wilhelm, Hamburg, geb. am 21. Oktober 1881 zu Wißentrup, für Eindecker (Grade), Flugfeld „Mars" am 16. Februar 1912.

No. 157. Mürau, Georg, Werder a. H., geb. am 12. August 1888 zu Berlin, für Eindecker (Grade), Flugfeld „Mars" am 16 Februar 1912.

Von den Flugplätzen.

Flugplatz Johannisthal. Die Berliner Vereinigung für staatswissenschaftliche Fortbildung

stattete am 14. er. dem Flugplatz einen Besuch ab. A'ajor v. Tschudi übernahm die Führung und gab die nötigen Erklärungen bei den einzelnen Werken und Schuppen.

Der bekannte Flieger Fokker unternahm während des Aufenthaltes der Gäste mit seinem selbst konstruierten Eindecker verschiedene Aufstiege und zeigte durch exakte Kurven und Gleitflüge die hervorragenden Eigenschaften seines Apparates. Felix Laitsch von der Luftverkehrsgesellschaft und Leutnant Krüger (Harlan) unternahmen ebenfalls- verschiedene Passagierflüge, trotzdem das Wetter den Flügen nicht allzu günstig gesinnt war.

Ein Militärzweidecker mit 10Ö PS Argus-Motor der Luftverkehrsgesellschaft ist vor einigen Tagen von der Militärkommission abgenommen worden. Die Maschine besitzt doppelsitzige Karosserie, die derartig eingerichtet ist, daß auch Gepäckstücke in ihr verstaut werden können.

Generalleutnant Frhr. v, Lynker stattete am 16. er. dem Flugplatz einen Besuch ab, wobei er die Albatros-Werke, Rutnpler, und die Luftverkehrsgesellschaft besichtigte

Die Ausbildung der Militärflieger in Johannisthal macht gute Fortschritte und werden in nächster Zeit verschiedene Schüler wohl schon im Besitze des Führerzeugnisses sein.

Emil Jeannin führte vor einigen Tagen seinen ersten Versuch mit dem von ihm konstruierten Eindecker mit 100 PS Argusmotor aus. Der Apparat gleicht im wesentlichen dem Nieuport-Typ, wobei besonders auf die kräftige Ausbildung des Fahrgestells großer Wert gelegt ist. Nach einem längeren Anlauf erhob sich die Maschine, legte sich jedoch bei dem Ausprobieren der Verwindung auf einen Flügel und rutschte ab, wobei sich die Radachse verbog. Die Versuche werden sofort nach Behebung des Schadens wieder aufgenommen werden.

Eine Riesen-Rumplertaube wurde am 19. er. von Hirth zum erstenmal ausprobiert. Die Maschine ist im Auftrage des russischen Ing. Boris Loutzkoy gebaut und besitzt zwei 100 PS Argus-Motoren, die zwei in gleichem Sinne laufende Schrauben antreiben. Es ist die Einrichtung getroffen, daß jeder Motor für sich mittels einer Kurbel angeworfen werden kann. Der Flügel und der Rumpf sind den notmalen Rumplertauben ähnlich nur in bedeutend größeren Dimensionen gehalten. Bei seinem ersten Versuche flog Hirth ziemlich niedrig über dem Erdboden und erzielte eine sehr große Geschwindigkeit. Der Apparat dürfte mit seinem 200 PS die stärkste wirklich fliegende Maschine der Welt sein.

2150 m hoch stieg Pokker am 19. er., nachdem er von dem Flug gelegentl. der Beerdigung des tödlich verunglückten Fliegers Schmidt zurückgekehrt war.

Einen Stundenflug führte Stiploschek auf einem Morane-Eindecker der Luftverkehrsgesellschaft am 22. d. Mts. aus und nahm hierbei Leutnant Lau als Passagier mit.

Flugplatz Teltow.

Oberingenieur Stumpf hat auf seinem A. E. G.-Doppeldeckei- (Militärtyp) am 16. er. sein Führerzeugnis beständen. Bei dem neuen Apparat ist besonders Wert auf leichte Demontage aller Hauptteile gelegt.

Auf dem Flugfeld „Mars" in Bork bestand am 19. Februar Hans Schmigulski aus Geesthacht a. Elbe die Piloten - Prüfung. Nunmehr sind auf Gradeapparaten 41 Flugzeugführer ausgebildet worden.

Willy Kanitz, der erst kürzlich das Führerzeugnis erwarb, stieg zu einem Stundenflug auf Er blieb 1 Stunde 28 Minuten in der Luft und landete in einem Gleitfluge aus einer Höhe von über 1000 m mit völlig abgestelltem Motor.

Erste deutsche Luftpostverbindung. Die schon vor einiger Zeit angeregte Luftpostverbindung zwischen Bork und Brück wurde nun am 18. Febr. auch in offizieller Weise durchgeführt. Gegen 4 Uhr nachmittags stieg der Gradeflieger Pentz in Bork auf, um die Beförderung der Postsachen zu übernehmen, unter welchen sich offizielle Mitteilungen von der Eröffnung der ersten deutschen Flugpost an S. M. Kaiser Wilhelm dem IL, dem deutschen Kronprinzen, S. Kgl. Hoheit Prinz Heinrich von Preußen, Sr. Ex. Kraetke, wie auch an mehrere Minister und hohe

Seite 190

„FLUGSPORT".

No.

Würdenträger befanden. Der Flug ging glatt von statten und unter tosendem Beifall landete der Pilot in sicherem Gleitfluge aus ca. 300 in Höhe in Brück vor dem zahlreich erschienenen Publikum. Anwesend am Landungsplatz waren der Magistrat von Brück, vertreten durch Herrn Bürgermeister Friedrich, der Vorsitzende des Borker Verkehrsverein, Herr Kurt Schäfer, sowie der Vertreter der Grade - Fliegerwerke, Herr Krieg. Bürgermeister Friedrich hielt eine Ansprache und erklärte, daß er es als seine Pflicht ansehe, die Eröffnung der ersten deutschen Flugpost in feierlicher Weise zu begehen, indem er sich auf die Eröffnung anderer weittragender Verkehrseinrichtungen, wie die der l.Eisenbahn-und Telegraphenlinien, bezog. Er gedachte in seiner Ansprache vor allem auch S. M. Kaiser Wilhelm dem II. als eifriger Förderer des deutschen Flugwesens und schloß mit einem Kaiserhoch. Gleiche Ehrungen wurden dem Piloten Pentz, Herrn Bürgermeister Friedrich, dem Verkehrsverein, der sich um das Arrangement der Sache sehr verdient gemacht hat, sowie Herrn Hans Grade, dem erfolgreichen Konstrukteur zuteil. Hierauf erfolgte die Uebergabe der Postsachen an die Vertreter der Postbehörde und nach kurzer Rast stieg der Pilot wieder auf, führte noch einige schöne Schleifenflüge aus, um sodann wieder nach dem Aus" gangsort Bork zurückzukehren.

Von den Leipziger Flugplätzen.

Großer Flugbetrieb herrschte am 18. Februar auf dem Flugplatz Lindenthal. Kahnt eröfnete am Nachmittag durch den 10 Min.-Höhenflug den Reigen. Nach ihm startete Schmidt auf einem Doppeldecker der Leipziger Automobil-und Flugzeugwerke zu einem Ueberlandfluge, wobei er mit Frl. La gl er als Passagierin in 150 m Höhe Wahren, die Gohliser Kasernen, Eutritzsch, Wiederitzsch und den Ort Lindenthal in 6 Minuten Flugzeit überflog. Die Aufmerksamkeit der ständig wachsenden Zahl der Flugplatzgäste wurde dann plötzlich auf ein Surren in den Lüften vom Exerzierplatz her gelenkt, und plötzlich tauchte Uber den Lindenthaler Häuserreihen ein Doppeldecker auf, der nach vollständiger Um-rundung des Platzes auf diesem glatt niederging. Es war Schirrmeister auf einem Doppeldecker der Deutschen Flugzeug-Werke. Zur Freude aller Sportsfreunde verkündete Schirrmeister, daß sein Kollege Oelerich dicht hinter ihm sei und daher auch bald kommen müßte. Es dauerte auch nicht lange, so nahte er, nachdem sich Schirrmeister kurz vorher angeschickt hatte, ihm entgegen-zufliegerf. In majestätischem Fluge überschwebte Oelerich auf dem größten Doppeldecker der Deutschen Flugzeugwerke (ausgerüstet mit einem 100 PS Motor) in schöner Höhe und weitem Bogen den Flugplatz, bis er auf demselben glatt landete. Dem Apparat entstiegen nach freudiger Begrüßung Dr. Huth, Vorsitzender des Vereins deutscher Flugtechniker, und Ing. Dick. Die zahlreiche Zuschauermenge auf dem Platze erfreute sich an dem prächtigen Schauspiel und winkte den in der sechsten Stunde nach glattem Aufstieg auf dem Luftwege wieder heimkehrenden Piloten Oelerich (wiederum mit zwei Passagieren) und Schirrmeister begeisterte Abschiedsgrüße zu.

Die Deutschen Flugzeugwerke sorgten auf dem Lindenthaler Exerzierplatze für reges Leben. Als Erster stieg Schirrmeister mit seinem Doppeldecker auf und versetzte beim Landen die zahlreichen Zuschauer auf dem Exerzierplatze durch seine steilen Gleitflüge in Staunen. Dann erhob sich Oelerich auf einem Doppeldecker der Deutschen Flugzeugwerke mit 100 PS Argusmotor mit zwei Begleitern in die Luft. Wiencziers mußte bei dem ersten Fluge eine kurze Zwischenlandung vornehmen, da er vergessen hatte, die Schutzbrille aufzusetzen und er durch das Oel des Motors am Sehen verhindert wurde, stieg aber bald wieder auf und brachte den Eindecker schnell in Höhen von 200 Meter. Er flog mit bedeutender Schnelligkeit. Genaue Messungen wurden nicht vorgenommen, doch

schätzten die anwesenden Fachleute die Geschwindigkeit auf etwa 120 Stundenkilometer.

Der neue Doppeldecker der Deutschen Plugzeugwerke, Leipzig ist

ebenfalls vor einigen Tagen geflogen. Interessant ist die Anordnung des 100 PS Argus-Motor, der nicht mehr hinter den Tragflächen, sondern vor diesen untergebracht ist. Die Maschine hat bei ihren ersten Versuchen unter Führung von Büchner bei einem Anlauf von 30 m den Boden verlassen und sich bis jetzt sehr gut bewährt.

Vom Flugplatz Breslau. Einen zweistündigen Ueberlandflug Breslau—Zobten—Schweidnitz — Canth—Breslau führte der Flieger Lübbe in Begleitung des Leutnants Sauer auf einem Flugapparat des Schlesischen Aeroklubs, einer Rumpier-Taube mit 65 PS Aeolus-Motor aus.

Auf dem. Flugplatz Magdeburg. Flieger Paul aus München, ein Schüler von Schulze in Burg b. Magdeburg, der erst vor einigen Tagen seine Führerprüfung bestanden hat, führte mit seinem Schulze-Eindecker einen Flug von ca. 25 Minuten Dauer aus. Der Flug erstreckte sich über Burg, Magdeburg und die nähere Umgebung und erreichte eine Höhe von 1000 m. Außer Paul hat Karl Curdts aus Magdeburg die Bedingungen zur Erlangung des Flugmaschinenführerzeugnisses erfüllt.

Ein Flugplatz mit Fliegerschule in Gotha wird von der Aviatik A.-G. in Mülhausen errichtet und ist speziell für die Ausbildung von Offizieren bestimmt. Die Schule wird mit Genehmigung des Herzogs den Namen „Herzog Karl Eduard-Fliegerschule" führen.

Vom Flugplatz Habsheim. Die Ausbildung der Offiziersflieger macht gute Fortschritte. Es fliegen schon sämtliche Offiziere in geiader Linie ohne Lehrer. Vor einigen Tagen stattete Hauptmann Wagenführ im Auftrage des Kriegsministeriums der Aviatik-Sch'ile einen Besuch ab und inspizierte die Offiziersflieger.

Flugplatz Gelsenkirchen-Kotthausen.

Wie wir bereits in der letzten Nummer mitteilten, beteiligt sich die Gemeinde Rotthausen an dem Unternehmen mit 150000 Mark. Ferner beteiligen sich Gelsenkirchen mit 300 000 Mark, die Stadt Essen mit 100000 Mark, die Gemeinden Wanne und Eickel mit zusammen 100000 Mark, die Gemeinde Herten und der Landkreis Recklinghausen mit zusammen 100000 Mark, der Landkreis Essen mit 50000 Mark, die Bürgermeisterei Stoppenberg mit 40000 Mark, die Stadt Leichlingen mit 50 000 Mark, das Steinkohlenbergwerk Zollverein mit 40000 Mark, die rheinisch - westfälische Motorluftschiffahrtgesellschaft mit 20000 Mark, Arthur Müller-Charlottenburg, Schöpfer des Flugplatzes Johannisthal, mit 100000 Mark, Herr Herwarth von Bittenfeld - Charlottenburg, mit 50000 Mark Insgesamt steht also ein Kapital von 1 100000 Mark zur Verfügung.

Die A. E. G. baut Flugmaschinen. Trotzdem die Versuchsarbeiten der A. E. G. sehr geheim gehalten wurden, war man in Fachkreisen vollständig orientiert. Es hat daher nicht überrascht, wenn jetzt offiziell die Allgemeine Elektrizitäts Gesellschaft eine besondere Abteilung zum Bau von Militärflugmaschinen gegründet hat. Seit etwa zwei Jahren wurden im Auftrag der A. E. G. von Oberingenier Stumpf zuerst in Henningsdorf, dann auf dem Flugplatz Teltow Versuche mit Ein- und Doppeldeckern angestellt, die schließlich ein günstiges Resultat ergeben haben. Am 17. Februar besichtigte der Generaldirektor Geheimrat Dr. Rathenau, die Militärmaschine der A. E. ü., worauf die

Gründung definitiv erfolgte. Der Doppeldecker, mit dem vor kurzem Oberingenieur Stumpf die ersten wohlgelungenen Flüge ausführte, ist auf Grund der von der A. E. G. erworbenen Wrightpatente erbaut und nach den Erfahrungen in der französischen Militärflugzeugprüfung konstruiert. Das obere Tragdeck hat eine Länge von 15l/a m, das untere eine solche von 10'/2 m. Der Abstand zwischen beiden Decks beträgt 1,80 m. Die Stützen sind verschiebbar eingerichtet, so daß die Verspannung der Drähte in schnellster Zeit nachgezogen oder gelöst werden kann. Die Flügel selbst können seitlich abgeklappt und zum Transport auf der Landstraße am Fahrgestell befestigt werden. Die Montage der Flügel dauert nur eine halbe Stunde. Das Flugzeug ist mit einem 100 PS N. A. G Motor ausgestattet, der einen in den Werkstätten der A. E. E. gefertigten Propeller treibt, welcher eine Zugkraft von 260 Kilogramm entwickelt. Der Apparat besitzt eine Schnelligkeit von 100 km in der Stunde. Auch ein Eindecker ist bereits von der neuen Abteilung fertiggestellt worden.

Pippart - Noll - Eindecker. Hans Pippart, Architekt in Mannheim und Heinrich Noll, Fabrikdirektor in Unterschwarzach in Baden ist es nach zahlreichen Vorversuchen gelungen, einen vollständig neuen Typ eines Eindeckers zu konstruieren, der nach Aussage von ersten Sachverständigen durch seine formvollendete Bauart, die von allen bis jetzt bestehenden Typen abweicht zu den besten Hoffnungen berechtigt und sich ganz besonders für militärische Zwecke eignen dürfte. Mit einem in der Flugzeugwerkstätte von Josef Bechler in Mannheim erbauten größeren Modell wurden derartig gute Resultate erzielti daß sofort mit dem Bau eines großen Apparates begonnen wurde, der bis Ende März dieses Jahres fertig werden dürfte. Wir werden gelegentlich noch eingehender über den Pippart-Noll-Eindecker berichten.

Der Hammer-Eindecker. Otto Hammer in Hannover hat einen Eindecker, der mit einem 55 PS wassergekühlten Hilz-Motor ausgerüstet ist, konstruiert. Der Apparat hat eine Geschwindigkeit von 80—90 km pro Stunde. Hammer will nun einen neuen Apparat herausbringen, der für eine Geschwindigkeit von 150 km bestimmt ist Die Maschine soll mit einer Explosionsturbine ausgerüstet werden.

Plugapparat Wiese-Philipp. Der Apparat besitzt eine Einrichtung, ϖum Höhen- und Seitensteuer automatisch betätigen zu können. Zu diesem Zweck ist der Führersitz nicht fest, sondern beweglich, pendelnd, im Apparat an horizontalen Achsen aufgehängt, in der Weise, daß der Führer sich im Apparat von selbst entsprechend etwas nach den Seiten sowie vorwärts und rückwärts bewegt, sobald das Flugzeug eine schräge Lage einnimmt; denn das Pendel hängt ja stets senkrecht. Durch Seile sind nun die Seiten- und Höhensteuer mit dem pendelnden Führersitz verbunden und werden auf diese Weise automatisch bedient; beispielweise hebt sich das Höhensteuer,wenn der Apparatsich vorn überneigt und demzufolge der pendelnde Führersitz relativ zum Flugzeug sich ebenfalls nach vorn bewegt. Um aber beim Abflug und bei der Landung, sowie beim Kurvennehmen sicher fahren zu können, ist der Führersitz durch weitere Seile, die sich um Rollen legen, zwangläufig mit dem Flugzeuggerippe verbunden, dergestalt daß der Führer es in der Hand hat, sich selbst etwas vorwärts oder rückwärts sowie seitwärts zu verschieben und damit ,seinem Willen gemäß, Höhen- und Seitensteuer zu bewegen. Diese zwangläufige Verbindung des Führersitzes mit dem Gerippe des Flugzeuges stellt den eigentlichen Inhalt des Patentes dar, da die Verwendung eines pendelnden Führersitzes für sich allein schon früher versucht worden ist.

Eindecker Witte. Der bekannte Wright-FIieger Gustav Witte hat einen leichten Eindecker aus Stahlrohr hergestellt. Der Rumpf besitzt Dreiecksform. Besonders großen Wert hat Witte auf die Festigkeit und Abfederung des Fahrgestells und auf die Verwendbarkeit seines Apparates als kriegsbrauchbares Militärflugzeug gelegt. Die Flügel und das Höhensteuer werden in üblicher Weise verwunden. Der Apparat kann im Bedarfsfalle als Automobil sein sämtliches Zubehör befördern. Der 33 pferdige „N A. G."-Motor, der mit einem „König"-Propeller ausgerüstet ist, soll dem Apparat eine Geschwindigkeit von annähernd 100 Kilometer pro Stunde verleihen.

Ausland.

Eine Winterflugfmaschine auf Skiern hat der Schweizer Flieger Rene Grandjean konstruiert und führt mit dieser Maschine auf dem Davoser See erfolgreiche Schauflüge aus. Die Flüge, bei denen auch Passagiere befördert werden, finden 1560 m über dem Meeresspiegel auf der schneebedeckten gefrorenen Fläche des Sees statt. Zu diesem Zwecke trägt der Eindecker, wie aus der Fotografie deutlich zu ersehen ist, gefederte Skier, die auch im weichsten

Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

Flugmasdiine auf Skiern.

Schnee einen raschen Start ermöglichen. Der Apparat trägt vorn den 60 PS Oerlikonmotor, der sich ganz vorzüglich bewährt und dessen Konstruktionsprinzipien und Ausführungen unseren Lesern aus früheren Berichten bekannt sein dürften. Sicher ein ganz hervorragender Wintersport.

Der Metall-Doppeldecker von Kapitän Morel. Kapitän Morel hat einen Eindecker „Typ Canard" (der Typ Canard wurde von dem Deutschen Focke zuerst ausgeführt, s. Flugsport Nr. 17 Jahrgang 1910 Seite 557) gebaut, welcher in seinen Ausführungsformen verschiedene interessante Details aufweist. Unter dem oberen festen Haupttragdeck befindet sich das verstellbare Tragdeck welches zur Erhaltung der seitlichen Stabilität bewegt werden kann. Diese Fläche F ist auf einem Stahlrohr drehbar gelagert und wird durch Steuerseile S, S1 (s. Abbildung), die innerhalb der oberen Tragdecken nach dem Steuerrad führen, betätigt. Um ein seitliches Abtriften zu vermeiden,

sind die dreieckigen Felder unter den Tragdecken mit Aluminiumblech verkleidet. Ferner ist am hinteren unteren Ende des Rumpfes eine Stabilisierungsfläche angebracht. Das Höhen- und Seitensteuer ist in bekannter Weise

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Der Metalldoppeldecker von Kapitän Morel, Typ Canard.

wie beim „Typ Canard" von Voisin, vorn eingebaut Die Haupttragdecken, sowie der Rumpf sind sämtlich mit dünnem Aluminiumblech überzogen. Die Konstruktion des Fahrgestells geht aus der Abbildung deutlich her-

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Der Metalldoppeldecker von Kapitän Morell, Typ Canard.

vor. Die hinteren Laufräder sind, wie bei Euler, an einer Achse mittels Gummiringen aufgehängt. Die Maschine besitzt bei 9 tn Spannweite 22 qm Tragfläche. Die Gesamtlänge beträgt 7 m, das Gewicht 380 kg. Zum Betriebe dient ein Sechszylinder 60 PS Anzani-Motor.

Eindecker „La Colombe". Ladougne in Paris hat einen Eindecker von 7,86 rn Spannweite und 7 m Länge konstruiert. Das Gewicht beträgt 230 kg

Zum Betriebe dient ein Dreizylinder Anzani-Motor. Die Geschwindigkeit soll 110 km pro Stunde betragen. Der Apparat zeigt in seinen Ausführungsformen

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Eindecker „La Coiombe" von Ladougne. nichts Neues Das Fahrgestell ist genau der Konstruktion von Ursinus (siehe Flugsport Nr. 6 Jahrgang 1910) nachgebildet.

Die Curtiss-Wasserflugmaschine vor Monaco, die mit großem Erfolg von Robinsohn und Paulhan, dem Generalvertreter für Europa, geflogen wird.

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Curtiss- Wasserttugmaschine vor-Monaco. Oben: Klirz vor dem Start. Links: Hin Start bei bewegter See. Rechts: Hin Starz.

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erlitt vor einigen Tagen einen Sturz, bei dem der Apparat senkrecht ins Wasser fiel, der Führer jedoch ohne Verletzungen davon kam. Die französische sowie russische Regierung zeigen das größte Interesse für die Maschine und stehen zwecks Ankauf einiger Apparate mit Paulhan in Verbindung.

159 km pro Stunde erreichte Vädrines am 22. Februar auf seinem Deperdussin - Eindecker mit 140 PS Gnom-Motor und stellte damit einen neuen Schnelligkeitsrekord auf, den vorher Bathiat mit 147 km, allerdings auf einem Sommer-Eindecker mit nur 70 PS Gnommotor hielt. Vedrines durchflog eine Strecke von 200 km in 1 Stunde 16 Minuten.

Einen Geschwindigkeitsrekord für 2 Stunden stellte Tabuteau am 22. Febr. auf. Er brachte es in dieser Zeit auf 227,454 km und hat somit seinen eignen Rekord vom 24. Januar mit 205,287 km bedeutend verbessert. Der Flug erfolgte auf einem Morane-Apparat mit Gnommotor von nur 50 PS.

Flugpreise.

Der Preis Peugeot von 10000 Frs.

Er ist dazu bestimmt: 1. um festzustellen, ob der Mensch einzig und allein durch seine Muskelkraft im Stande ist, eine Flugmaschine derart in Bewegung zu setzen, daß sie sich über eine gewisse Strecke vom Boden abhebt und fliegt.

II. Die Wahl der Flugmaschine bleibt dem Meldenden ^überlassen. Es ist jedoch verboten, daß Hilfskräfte benutzt werden, die dem Apparat die nötige Anfangsgeschwindigkeit während des Startens erteilen können.

III. Die erste Prüfung besteht in der Zurücklegung einer Luftstrecke von 10 m, die durch zwei parallele Linien gekennzeichnet und nach folgenden Bedingungen zu absolvieren ist.

1. Kein Teil des Apparates darf den Raum zwischen den beiden Parallelen während der Prüfung berühren.

2. Erst nach Zurücklegung des Fluges darf der Apparat wieder in Berührung mit dem Boden kommen.

IV. Um don praktischen Wert einwandsfrei beweisen zu können, uin weiterhin keine Begünstigung durch eventuellen Rückenwind eintreten zu lassen, hat der Flieger die Strecke nach der ersten Prüfung im entgegengesetzten Sinne nach den vorerwähnten Bedingungen zu durchfliegen.

V. Der Peugeot - Preis fällt an denjenigen, der dieser doppelten Prüfung vom 1. Juni 1912 ab, dem Tage der Eröffnung des Wettbewerbs genügt.

VI. Die Einschreibungen zu dem Preis Peugeot können bei der französischen Zeitung „L'Auto" erfolgen. Der Meldung muß ein Betrag von 10 Francs beigefügt werden. Diese Summe wird den Konkurrenten zurückerstattet, sobald sie starten. Der Start wird am 1. Juni 1912 um 8 Uhr Morgens freigegeben, in der Reihenfolge der einlaufenden Meldungen.

VII. Entscheidungen der Prüfungskommission haben die Konkurrenten unbedingt Folge zu leisten.

VIII. Wenn der Preis Peugeot im Laufe eines Jahres nicht gewonnen wird, behalten sich die Spender vor, die Bedingungen für diesen Wettbewerb zu ändern.

IX. Die Stifter des Preises und die Organisatoren lehnen jegliche Verantwortlichkeit für vorkommende Unglücksfälle ab.

Es ist bis jetzt «us den verschiedenen französichen Zeitungsberichten nicht zu ersehen, ob der Preis nationalen oder internationalen Charakter trägt. Die

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große Anzahl von Meldungen, die in der letzten Zeit eingelaufen sind — es handelt sich nach dem neuesten Bericht um ca. 50 Konkurrenten — wird die Sportkommission veranlassen, eine genaue Präzisierung des Reglements weiterhin bekannt zu geben. Vorliegende Bestimmungen stellen den ersten Entwurf dar. Dieser wird sicherlich noch weitgehenden Aenderungen unterworfen sein.

Wir hoffen, mit diesen Ausführungen die verschiedenen Anfragen in dieser Angelegenheit von unseren Lesern als erledigt betrachten zu können und werden nach Bekanntgabe der neuen Bestimmungen diese ebenfalls veröffentlichen.

Einen anderen Preis von 100000 Frs. beabsichtigt die französische Zeitung „La Justice" zu stiften, um den „Menschenflug" zu fördern und dadurch zur Popularisierung des Flugwesens in hohem Maße beizutragen. Der Preis soll demjenigen zufallen, der als erster die Strecke Paris - Versailles und zurück ohne Aufenthalt und mit Hilfe seiner eigenen Kraft zurücklegt. Der Start hat auf dem Erdboden zu erfolgen. Die genauen Bedingungen werden momentan von einer Gruppe von Sportsleuten bearbeitet und dürften demnächst der Oeffentlichkeit bekannt gegeben werden.

Wettbewerbe.

Die Ausschreibung für den Fernflug Berlin—Wien, der gemeinsam vom Verein Deutscher Flugtechniker-Berlin und dem K und K. Oesterreichischen Aero-Club-Wien für Juni d. Js. in Aussicht genommen ist, ist von dem Arbeitsausschuß durchberateu. Die Vorschläge, die zunächst dem österreichischen Komitee vorgelegt werden sollen, sind etwa folgende: Der Wettbewerb ist für deutsche und österreichisch-ungarische Reichsangehörige offen, die Flugmaschinen deutschen und österreichisch-ungarischen und Motoren beliebigen Ursprungs benutzen. Bedingung ist, daß der Flug mit Passagier ausgeführt wird, jedoch können die Passagiere unterwegs gewechselt werden. Auch Zwischenlandungen und Reparaturen jeder Art sind gestattet. Die Teilnehmer müssen bis zum Meldeschluß einen Stundenflug mit Passagier nachweisen können Das Meldegeld beträgt 250 Mk. resp. 300 Kronen. Meldeschluß ist voraussichtlich der 15. Mai, der letzte Termin für Nachmeldungen mit doppeltem Einsatz voraussichtlich der 20. Mai. Die Abnahme der Maschinen soll in Johannisthal bei Berlin am 8. Juni, von 4 Uhr nachmittags an erfolgen. Der Flug selbst wird in der Zeit vom 9. bis 12. Juni stattfinden. Der ursprüngliche Termin vom 16. bis 19. Juni wurde einem von österreichischer Seite geäußerten Wunsche entsprechend aufgegeben. Der Flug geht von Johannisthal voraussichtlich über Breslau, wo eine Zwangszwischenlandung vorgesehen ist, nach Wien, Flugfeld Aspern. Möglicherweise wird noch auf österreichischem Boden eine zweite Zwangszwischenlandung eingelegt werden. Der Start in Johannisthal und den Etappenstationen wird von 3 Uhr morgens und 6 Uhr nachmittags an offen sein Als Ankunftszeiten werden 3 Uhr morgens bis 9 Uhr abends in Aussicht genommen. Für den Start in Johannisthal werden zwei Tage freigegeben werden. Die Ankunft ia Wien muß spätestens um 9 Uhr desjenigen Tages erfolgen, der auf den ersten Starttag des letzten Zwischenlandungsortes folgt. In Wien schließt sich an den Flug eine Ausstellung der beteiligten Flugmaschinen an. Von dem Preisfonds von 80CO0 Mk. sollen zunächt die drei zuerst in Wien ankommenden Flieger des ganzen Fluges, unbeschadet ihrer Flugzeit, 5000, 3000, 2000 Mk. erhalten. An die Flieger, die gleichfalls die ganze Strecke Berlin - Breslau - Wien zurückgelegt haben, sollen ferner 40000 Mk. im umgekehrten Verhältnis ihrer Flugzeiten verteilt werden. 30 000 Mk. werden schließlich noch ohne Rücksicht auf die Flugzeiten an alle Flieger verteilt, die mindestens eine Etappe zurückgelegt haben, und zwar im Verhältnis der geflogenen Entfernung. Dazu kommen eventuell noch einzelne Etappenpreise, Ehrenpreise usw.

Militär-Flug-Wettbewerb in Deutschland. In diesem Jahre wird auch die preußische Heeresverwaltung einen Flugmasehinen-Wettbewerb ausschreiben, zu dem nur in Deutschland hergestellte Flugmaschinen zugelassen werden.

Als Bedingungen sollen im allgemeinen die Forderungen gestellt werden, die das Berliner Kriegsministerium jetzt schon bei Uebernahme neuer Flugapparate verlangt. Die Flugzeuge müssen somit voraussichtlich bei einer

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Mindestgeschwindigkeit von 70 Kilometern in der Stunde, für wenigstens 250 Kilometer Betriebsstoff mitführen und außerdem 200 Kilogramm Nutzlast befördern, sowie innerhalb 15 Minuten eine Höhe von 500 Metern erreichen können. Dazu" wird eine doppelte, umschaltbare Steuerung gefordert werden, die es jederzeit ermöglicht, daß der Mitfahrer bei etwaiger Verwundung des Führers den Apparat durch einfaches Umschalten der Steuerung selbst weitersteuern kann.

Die Höhe der Preise für diesen Wettbewerb wird von der für das Flugwesen vom Reichstag zu genehmigenden Summe abhängen.

Patentwesen.

Flugzeug mit zusammenklappbaren Tragflächen.*)

Vorliegende Erfindung betrifft ein Flugzeug mit zusammenklappbaren Tragflächen, dessen neues Kennzeichen darin besteht, daß die durch Drehen um eine wagerechte, durch den Hauptrahmen gehende Achse aus ihrer Flugstellung in eine senkrechte Stellung gebrachten Tragflächen durch Schwenken um eine senkrechte Achse gegen den Rumpf des Flugzeuges geklappt werden.

Die Abbildungen zeigen mehrere beispielsweise Ausführungsformen des Erfindungsgegenstandes.

Die Abb. 1, 2 und 3 stellen einen Eindecker in Aufsicht, Seitenansicht und Stirnansicht dar.

Die Abb 4 und 5 zeigen einen Zweidecker in Seitenansicht bezw. Stirnansicht.

Die Abb. 6 und 7 veranschaulichen das Zusammenfalten der Flügel des Zweideckers.

Abb. 8 zeigt eine Einzelheit.

Die Flügel A werden zunächst um ihre wagerechte Achse a um 90" gedreht, so daß sie senkrecht zur Fahrtrichtung stehen. Hierauf werden die Flügel mittels entsprechender Scharniere x an den Rumpf B gelegt, so daß sie längs desselben heruntergeklappt sind (Abb. 1, 2 und 3)

Bei dem Zweidecker der Abb. 4 bis 7 sind auf jeder Seite zwei Flügel übereinander angeordnet, welche mit den senkrechten Stangen V ein Gerippe bilden. Die Vereinigung der oberen Flügel A und der unteren Al geschieht dadurch, daß ihre Achsen a mit den senkrechten Stangen V durch Scharniere vereinigt sind (Abb. 6 und 7). Nach dem Lösen der Bolzen 2 der beiden Lager 3 können die Flügel A und A1 um den zweiten, die Drehachse bildenden Bolzen 4 gedreht werden, so daß der untere Flügel A1 in die strichpunktiert gezeichnete Stellung A3 und der obere A in die strichpunktierte Stellung A2 gelangt.

Nachdem die beiden Flügel derart zusammengefallen sind, können sie längs des Rumpfes unter Verwendung einer Vorrichtung, wie sie beispielsweise in der Abb. 8 dargestellt ist, zurückgeklappt werden. Es wird die Kuppelung y gelöst und Achse a in dem Lager z um 90° gedreht, welches seinerseits wieder in dem an dem Rumpf des Flugzeuges sitzenden Spurlager I drehbar ist.

Diese Vorrichtung kann naturgemäß auch für den Eindecker der Abb. 1 bis 3 verwendet, jedoch ebenso gut durch eine andere zweckentsprechende ersetzt werden.

Es kann auch in gewissen Fällen vorteilhaft sein, die zusammengefalteten Flügel von dem Flugzeug zu lösen, um sie längs seines Rumpfes zu befestigen. Patent-Ansprüche:

1. Flugzeug mit zusammenklappbaren Tragflächen, dadurch gekennzeichnet, daß die durch Drehen um eine wagrechte, durch den Hauptrahmen gehende Achse aus ihrer Flugstellung in eine senkrechte Stellung gebrachten Tragflächen durch Schwenken um eine senkrechte Achse gegen den Rumpf des Flugzeuges geklappt werden.

2. Zweidecker nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Rippen der Flügel (A, A1) auf Achsen (a) ruhen, die an Scharnieren (3) sitzen, welche

*) D. R. P No. 240863, patentiert vom 26. März 1909 ab. Louis Breguet in Douai, Frankr.

Für diese Anmeldung ist bei der Prüfung gemäß dem Unionsvertrage vom 20!Mä£z__l_883 prjorjtät auf Qrunci der Anmeldung in Frankreich vom 14. Dezbr. 1900 ,

28. Oktober 1908 anerkannt.

sich um wagerechte, von senkrechten, die Verbindung zwischen den beiden Tragflächen (A) herstellenden Stangen (V) getragene Achsen (4) drehen können.

Abb 1.

Abb. 2.

Abb. 4.

Abb. 6.

Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

Verschiedenes.

Verein fachmännischer Interessenten der Aviatik. Mit diesem Namen ist zur Wahrung der Interessen unbemittelter Erfinder und Konstrukteure von Flugzeugen in Berlin ein Verein gegründet worden. Der Verein, der sich nur aus Fachleuten der Mechanik, sowie der Mechanik verwandten Berufe zusammensetzt, macht es sich zur Aufgabe, seinen Mitgliedern, sofern, solche im Besitze neuer Konstruktionen sind, durch gemeinsames praktisches Arbeiten zur Verwirklichung ihrer Ideen zu verhelfen. Der Verein tagt jeden Dienstag 8 Uhr im

Hotel „Bismarck", Charlottenburg (am Knie). Nähere Auskunft erteilt der Vorsitzende des Vereins M. Liebezeit, Charlottenburg, Kaminer Str. 32.

Äther zur Erhöhung der Motorleistung. Nach einem vorausgegangenen Zeitungsstreit wird demnächst ein Flug-Match zwischen zwei Maschinen der Konstrukteure Deperdussin und Sommer stattfinden. Die Vorg. schichte dazu ist folgende: Bechereau, ein Konstrukteur des Hauses Deperdussin, hatte seine Meinung über den Rekordflug von Bathiat geäußert; dieser Flug wurde mit einem 70 PS-Gnome-Motor ausgeführt und Bechereau zweifelte nicht an der Regelmäßigkeit des Rekordfluges, er war aber davon überzeugt, daß der 70 PS-Motor infolge Verwendung von Äther eine künstliche Erhöhung seiner Leistungen erhalten habe. Hierauf hat Sommer geanwortet, daß dies seine Sache wäre, und daß er die Verfahren zur Anwendung bringe, die ihm passen, und daß dies ihn allein etwas anginge, daß er aber Bechereau zur Verfügung stehe. Das Haus Deperdussin hat nun die Herausforderung angenommen, und es soll nun ein Match Uber 50 km zum Austrag kommen. Die verwandten Apparate und Motoren müssen vom Handelstyp sein. Sommer setzt 5000 Francs auf seine Chancen. Die Bedingungen werden nunmehr festgestellt und das Rennen soll bald zum Austrag kommen. Auf den Ausgang darf man gespannt sein.

Vom deutschen Wrightpatent ist der erste Hauptanspruch am 22. Febr. für nichtig erklärt worden.

Modelle.

Ein Sport, der sich in letzter Zeit besonders in England sehr entwickelt hat und erheblich zur Popularisierung des Flugsports beiträgt, ist der Bau von kleinen flugfähigen Modellen, die den Konstrukteur über die Gesetze der Aerodynamik aufklären und ihm Anregung zum Bau praktischer Flugmaschinen geben können.

Auch an unseren deutschen Schulen hat derModell-Flugsport schon Eingang gefunden und wird besonders von älteren Schülern mit großem Eifer betrieben.

Wir beabsichtigen unter einem besonderen Abschnitt Jüngern des Modell-Flugsports an Hand kleiner Skizzen Anleitung zum Bau von Modellen zu geben und hoffen hierdurch einem Bedürfnis unserer Leser Rechnung zu tragen.

Im Anschluß daran bringen wir die Skizze eines erfolgreichen Eindeckers Typ Canard, der bei seinen ersten Versuchen eine Strecke von ca. 400 m in stabilem Fluge zurückgelegt hat. Das Modell, das aus leichten Hölzchen, deren Dimensionen in der Skizze eingeschrieben sind, hergestellt und mit leichtem Stoff überspannt wird, erhält seinen Antrieb durch zwei gegenläufige Propeller mittels Gummimotoren. Jeder Propeller soll eine Tourenzahl von 950 Umdrehungen besitzen. Zum Schutze der Luftschraube ist ein einfaches Fahrgestell angeordnet, das besonders den Apparat vor Beschädigungen beim Landen schützt. Der Start erfolgt in der Weise, daß der Apparat an den Propellern, nachdem die Gummimotoren aufgezogen sind, gefaßt und nach vorn in die Luft geworfen wird. Die Ausführungen der verschiedenen Einzelheiten gehen aus den Abbildungen hervor und sind mit korrespondierenden Buchstaben bezeichnet.

Eine gute Propellerbefestigung läßt sich, wie aus einer Skizze hervorgeht, dadurch bemerkstelligen, daß das Ende einer Fahrradspeiche durch die Propellernabe gesteckt und mit einem Nippel verschraubt wird. Zur Verminderung der Lagerreibung läßt sich auch eine andere Ausführung wählen, die in der letzten Skizze dargestellt ist und in einer Glaskugel besteht, die einen ziemlich geringen Reibungswiderstand besitzt.

Die Einzelheiten zur Herstellung derartiger Modelle, so weit sie der Konstrukteur nicht selbst ausführen will, sind am besten von Spezialfirmen zu beziehen, die in dieser Richtung schon ganz Erhebliches geleistet haben und mit allen möglichen Konstruktionseinzelheiten den Interessenten dienen können.

Wir bitten unsere verehrten Leser und Jünger des Modellsportes, uns in Zukunft Skizzen und Beschreibungen erfolgreicher Flugmodelle zu überreichen,

Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

Modell eines flugfähigen Eindeckers. -

Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

Einzelheiten zu dem Eindecker-Modell, a Befestigung der vorderen Stabilisierungs-Fläche, b vordere Befestigung der Gummischnüren, c Kflfenuusbildung, d Propellerlagerung.

um sie im „Flugsport" zu veröffentlichen und dazu beizutragen, diesem schönen uad interessanten Sport immer mehr Anhänger zu verschaffen und auch in dieser Richtung das Interesse für das Flugwesen zu heben.

Literatur.

Atmos. L'Annuaire de l'Air, Verlag „Atmos", Paris 14, Avenue Mac-Mahon . Preis M. 12.—

WasfürDeutschland Braunbecks Sportlexikon ist, stellt fürFrankreich„ Atmos" ein ähnliches Werk, dar, in dem besonders genaue Adressenangaben über Flugmaschinen-, Lenk- und Freiballonkonstrukteure, sowie Fabrikanten von allen Zubehörteilen, die die Luftschiffahrt benötigt, angegeben sind. Atmos ist gleichzeitig ein Adreßbuch und ein Album, wobei die Gattungsnamen und einzelnen Titel der verschiedenen Abteilungen in Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Russisch und Esparanto Ubersetzt sind. Für unsere deutschen Leser ist es sehr zu empfehlen, da es uns über die verschiedenen Zweige der französischen Flugmaschinenindustrie genau unterrichtet und auch von den übrigen Ländern ein reichhaltiges Ädreß- und Auskunftsmaterial aufweist.

Der Freiballon in Theorie and Praxis, Band I und II, herausgegeben von Adolf Mehl, Preis Mk. 4,80 pro Band, Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart.

Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

(Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.)

F. G. Gleifflugapparate baut die Firma Gebr. Sommer, Frankfurt a. M -Griesheim, Exerzierplatz.

Schwanzer in München. Flugmodelle und Motoren liefern die Firmen R. Behle, Kaiserstr. 27 und F. Ehrenfeld, Goethestr. 34 in Frankfurt a. M.

W. Stein. Ihre Fragen: Anordnung des Höhensteuers; Einbau des Motors ; Konstruktion der Propeller etc. unter dieser Rubrik zu beantworten, würde zu weit führen. Darüber müßten wir ein Buch schreiben! - Wegen der Ausstellung wollen Sie sich an das Bureau.der ALA, Berlin W 35 Potsdamers«-. 121 h wenden.

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Flugzeuge und Luftfahrt im Deutschen Kaiserreich sowie Fliegerclubs und Luftsportvereine im Jahr 1912

Kartells der Deutschen Flug-Vereine.

(Deutscher Fliegerbund.)

Sitz: Frankfurt a. M.

Geschäftsstelle: Neue Mainzerstr. 76, Frankfurt a. M. — Telefon, Amt I, No. 1581. Generalsekretär: Oberlt. z. S. a. D. von Schroetter.





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