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Luftfahrt (Chronik und Geschichte) - Zeitschrift Flugsport Heft 23/1916

Diese Internetseite umfaßt ein Digitalisat der Zeitschrift Flugsport, Ausgabe Heft 23/1916. Dieses digitalisierte Zeitschriftenheft umfaßt alles Wesentliche über den zivilen Luftverkehr (Flugsport, Flugwesen und Luftsport) sowie über die militärische Luftfahrt (Luftwaffe im Inland und Ausland). Die Digitalisate der Originalzeitschrift stehen auch als PDF Dokument zum Herunterladen zur Verfügung. Eine Übersicht aller Hefte von 1909 bis 1944 steht auf der Seite Archiv Zeitschrift Flugsport zur Verfügung.


Reichswehr sowie Luftwaffe und Luftfahrt im Ersten Weltkrieg - Motorflug sowie Fliegerei und Flugzeuge im Jahre 1916

JUustrirte

No. 23 8 November illt. jabrg. VIII.

technische Zeitschrift und Anzeiger oroß°^!Mp"!l,_

Ausland per Kreuzband M. 19.20 Elnzelpr. MO60

für das gesamte

„Flugwesen"

unter Mitwirkung bedeutender Fachmänner herausgegeben von

Tele!. Hansa 4557 Oskar UrsinUS, CivilingenieUF. Tal.-ftdr.: Urslnus. Brief-Adr.: Redaktion und Verlag „Flugsport" Frankfurt a. M., Bahnhofsplatz 8. — Erscheint regelmäßig 14tägig. —

^= Zu beziehen durch alle Buchhandlungen, die Post und den Verlag. =

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Der Nachdruck unserer Artikel Ist, soweit nicht mit „Nachdruck verboten" versehen, nur tritt genauer QueHenaneAh« e«srftrt«t.

Die nächste Nummer des „Flugsport" erscheint am 22 November.

Boelcke.

Ist's wahr? Des blinden Zufalls Raub ward er, dem Sieg auf Sieg gelungen? Ist jäh gesunken in den Staub, der stets ums Höchste hat gerungen?

Der Unvergleichliche ist fort. In Walhall bei der Götter Mahle Einherier lauschen auf sein Wort, Begeisterung herrscht im weiten Saale.

Er schildert schlicht den heißen Krieg, den mit der Welt sein Volk muß führen, wie jeder zu dem sichren Sieg das Allerhöchste sich will küren..

Und Balder reichet ihm die Hand: „Ein leuchtend Vorbild wird auf Erden Dein Volk, das richtig Dich verstand, für alle anderen Völker werden".

Kirche gelragen wurde, kreisten am Himmel deutsche Flieger. Er wurde auf eine mit Flaggen und Lorbeer geschmückte Geschützlafette gelegt und durch die im hellsten Sonnenglanze strahlende Stadt Cambrai nach dem Bahnhofe geführt. Hier hielt Exzellenz v. Below, der als Erster dem Sarge folgte, eine Ansprache zu Ehren des unvergleichlichen Helden, der 40 Gegner im Einzelkampf fällte, und legte als Vertreter des Kaisers und auf dessen Befehl einen Kranz am Sarge nieder.

Hierauf sprach ein junger Offizier der Flieger-Jagdstaffel, deren Führer Boelcke war. Er erzählte den Hergang des Untergangs von Boelcke. Nicht, wie anfängliche Kunde behauptet, ist Boelcke durch einen gegnerischen Schuß gefällt worden, sondern bei einem Geschwaderkampf mit englischen Fliegern wurde sein Flugzeug durch Zusammenstoß mit einem anderen deutschen Apparat beschädigt. Boelcke vollzog aus Uber 2000 Meter Höhe noch einen sicheren Spiralgleitflug bis auf 500 Meter; schon glaubten die Kameraden ihn gerettet, als das Fahrzeug in Böen geriet, denen es seines Schadens wegen nicht mehr standhalten konnte Boelcke stürzte ab und starb durch Schädelbruch. Keinen Schuß wies sein wenig entstellter Körper auf.

Unter den Klängen: „Ich hatt' einen Kameraden!" wurde der Sarg in den Bahnwasen gehoben. Während eine Kompagnie der Garde mit mittelalterlichen Stahlhelmen donnernd eine dteifache Salve abschoß, setzte sich der Eisenbahnzug langsam in Bewegung.

Die Beisetzung Boelckes erfolgte 2 Tage darauf auf dem Ehrenfriedhof seiner Heimat Dessau. In der Johanniterkirche fand die Trauerfeier statt, an der als Vertreter des Kaisers der stellvertretende kommandierende General des 4. Armeekorps, Frhr v. Lyncker, als Vertreter des Kronprinzen Fliegeroberleutnant Graf Schaßberg, als Vertreter des Herzogs von Anhalt Rittmeister Flügeladjutant v. Reichsmeister teilnahmen; auch der Chef des Feldflugwesens, Oberstleutnant Thomsen war erschienen. Darauf fand, begleitet von einem in der Höhe kreuzenden Fliegergeschwader, die Ueberführung des Helden nach dem Grabe statt. Dem Trauerzug voraus schritten die Schüler des herzoglichen Friedrich Gymnasiums, dem Boelcke angehörte, eine Ehrenkompanie der Fliegerersatzabteilung Hannover und ein Unteroffizier mit dem Kranze des Kaisers. Hinter dem Sarge folgten die Eltern und die von der Front gekommenen Brüder Boelckes, das Offizierkorps der Dessauer Garnison, Abgesandte des türkischen und bulgarischen Heeres und viele Vertreter von Behörden und Körperschaften. Auf dem Friedhof erwartete der Herzog von Anhalt mit Gefolge den Trauerzug. Nach einem einleitenden Choral sangen die Dessauer Männergesangvereine. Pastor Finger, der Seelsorger und Religionslehrer des Verblichenen, hatte seiner Trauerrede das Prophetenwort Jesaias zu Grunde gelegt: „Die auf den Herrn harren kriegen neue K aft, daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler." Im Namen der Stadt Dessau sprach Oberbürgermeister Dr. Ebeling. Der Chef des Feldflugwesens, Oberstleutnant Thomsen, schloß seine Gedächtnisrede mit den Worten: „Wir wollen wie Boelcke werden!" Pastor Boelcke, ein Onkel des Fliegers, sprach am Grabe Gebet und Segen. Als letzter Gruß dröhnte eine dreifache Ehrensalve Uber das offene Grab. Unter der Blumenpracht, die sich über dem frischen Hügel wölbt, befindet sich auch ein riesiger Lorbeerkranz, den vier im Gefangenenlager Osnabrück internierte englische Fliegeroffiziere sandten, als Ehrung des von ihnen bewunderten Gegners.

*

Boelcke als Meister des Luftkampfes.

Boelcke hatte für den Luftkampf in der Form, wie sie die erbitterten Kämpfe im Westen geschaffen haben, ganz neue Regeln aufgestellt. Für ihn, der bei

Beginn des Krieges noch ein Neuling in der Fliegerei war, bedeutete der Kampf in den Lüften ein wissenschaftliches Problem, an dessen Lösung er mit Einsatz seines Lebens arbeitete. Er erkannte beizeiten, daß bei der mit allen Mitteln der Technik arbeitenden Kriegführung die Hauptaufgabe des Verteidigers darin bestehe, den Gegner, der über unsere Linien kommt, um zu spähen, rücksichtslos zu vernichten. Je mehr feindliche Flieger und Flugzeuge, die Augen des gegnerischen Heerführers, vernichtet werden, um so schwieriger ist es für diesen,

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Boelckes Beisetzung in Dessau: Oben der Trauerzag durch die Straßen, unten links: Die Angehörigen Boelckes auf dem Weg in die Johanniterkiräie, unten rechts: Die Trauerfeier auf dem Ehrenfriedhof in Dessau.

„wichtige Beschlüsse" zu fassen, zu denen er sonst auf Grund umfassender Fliegermeldungen kommt. Deshalb war es von jeher das Bestreben Boelckes, jedem feindlichen Flieger, der am Horizont auftauchte, entgegen zu eilen, noch bevor dieser weit über das von unseren Truppen gehaltene Gelände vorzustoßen vermochte, unschädlich zu machen. Wer jemals einem Luftkampf Boelckes mit einem Gegner beigewohnt, wird diesen Kampf wohl knum vergessen. Wie

ein Adler schoß der kühne Mann, der mit seinem Eindecker verwachsen war wie wohl selten einer, aus gewaltiger Höhe herab. Im sausenden Sturzflug schoß er einige hundert Meter durch die Luft. Dann hörte man das scharfe Tack-tack des Maschinengewehrs, und im nächsten Augenblick fing dann der Gegner zu sinken an. Mit einer unheimlichen Sicherheit, mit einer Kaltblütigkeit, die er in seinen zahllosen Gefechten erworben, nahm Boelcke den Gegner aufs Korn und brachte ihm in wenigen Sekunden, fast immer im ersten Anrennen, den tödlichen Schuß bei. Und wenn der Feind im normalen Gleitflug oder im wirbelnden Sturz zu Boden glitt, dann verfolgte der kleine Fokker den Feind, bis er auf der Erde angelangt war. Erst dann schoß das Flugzeug wieder in die Höhe, dem heimatlichen Flugplatz oder neuem Kampfe entgegen. Es ist noch nicht die Zeit darüber zu sprechen, wie Boelcke gekämpft, welche Methoden er eingeführt, aber das eine ist sicher seine Schüler, die er ausgebildet, die mit ihm zusammen waren, werden im Geiste ihres dahingegangenen Meislers weiter kämpfen. So wird sein Andenken weder bei uns, noch bei unseren Gegnern jemals erlöschen.

*

Von den Beileidskundgebungen, die aus aller Welt an den Vater des verunglückten Fliegerhauptmannes Boelcke in Dessau eingingen, sei noch folgendes Beileidstelegramm des deutschen Kaisers wiedergegeben :

„Auf das schmerzlichste beklage ich mit dem ganzen deutschen Volke den Tod Ihres Heldensohnes, meines tapfersten und erfolgreichsten Fliegeroffiziers. Mit Stolz blickte meine ganze Armee und besonders die Fliegerwaffe auf ihn. Mit Stolz werden sie auch nach seinem Tode seinejf'gedenken und seinem leuchtenden Vorbild nachzueifern streben. Gott tröste Sie in Ihrem großen Schmerze,

Neues Palais Potsdam, 30. Oktober 1916. Wi(, . , R

Aus der Praxis des freien Segelfluges.

Von Friedr. Harth, Regierungsbaumeister, Bamberg. (Fortsetzung)

Natufbeobachtung und durch Versuche gewonnene Erfahrung zeigen, daß zum Segeln keine besonderen Windströmungen, wie etwa aufsteigende Luftströmungen erforderlich sind. Es genügt vielmehr jeder normale, horizontale, wehende Wind, wenn er nur eine genügende Stärke besitzt.

Flächen mit verdickter Vorderkante haben neben dem Vorteile, Vortrieb einzuleiten, auch den großen Vorteil geringen Widerstandes, denn sie brauchen zur Erzeugung des nötigen Auftriebes nicht nach Art der Drachenflugzeuge unter einem positiven Anstellwinkel geführt zu werden, eine Stellung, die die Natur nioht kennt und die nur als Bremsstellung anzusehen ist.

Außerdem haben Flächen mit verdickter Vorderkante den Vorteil größerer Längsstabilität. Denn sie können vermöge der zylindrischen Ausbildung der Vorderkante nie so direkt vom Ober- oder Unterdruck getroffen und außer Gleichgewicht gebracht werden, wie Flächen mit schmaler oder gar zugespitzter Vorderkante.

Soweit die Erkenntnis, gewonnen durch Naturbeobachtung und zahlreiche Versuche an Modellen und Versuchsflächen in natürlicher

Größe. Um diese Erkenntnis nun praktisch zu verwerten, wurde im Winter 1910 gemeinsam mit Herrn Willy Messerschmitt, Bamberg, an die Ausführung von Segelfliigen gesehritten. Die Möglichkeit hierzu schien jedenfalls sehr nahe gerückt. Allein die Schwierigkeiten, die sich entgegenstellten, waren von ungeahnter Größe.*) Es begann eine Epoche schwerer Enttäuschungein, die an Geduld und Ausdauer die höchsten Anforderungen stellte. Nicht weniger als 5 Versuchsflugzeuge mußten gebaut werden, bis endlich zu freiem Fluge übergegangen werden konnte. Der Wind, der oftmals die verwendeten

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Abb. 3. Segelflugzeug im Fluge.

Versuchsflugzeuge in Trümmerhaufen verwandelte und in Sekundenarbeit das Werk vieler Monate vernichtete, zeigte nur zu deutlich, daß die besterdachte Tragfläche nichts nützt, wenn sie nicht im Winde im Gleichgewicht erhalten werden-kann.

Das zuerst verwendete'-Flugzeug glich in seinem Aeußeren dem bekannten Gleitfliegertyp der Gebriider Wright, nur war es als Eindecker ausgebildet. Es war mit Kopfsteuer versehen und hatte die bekannte Wright'sche Verwindung. Ein wesentlicher Unterschied lag nur in der Ausbildung der Tragfläche, die vorne mit einer starken Ueberhöhung versehen war. Oer Apparat hatte ein Gesamtflächenausmaß von 18 qm bei einem Gewichte von 56 kg. Das Gewicht de^

*) Denn fortan trat eine neue Frage in den Vordergrund allen Interesses, die Frage der Erhaltung des Gleichgewichtes.

Insassen mit 76 kg in Ansatz gebracht, ergibt eine Einheitsbelastung von 7.3 kg/qm. Es wurde bei den Versuchen zum Grundsatze gemacht, gerade heftigste Winde in Angriff zu nehmen, denn nur die Beherrschung des Sturmwindes konnte Anspruch auf Lösung der für die Betätigung des freien Segelfluges so wichtigen Gleiehgewichts-frage erheben. Es wurde darum bei Windstärken bis 20 m/sek. geübt. Indes wurde alsbald erkannt, daß es ein Ding der Unmöglichkeit sei, sofort zu Segelflügen überzugehen. Es wurde darum das Kopfsteuer entfernt und Gleichgewichtsversuche mit der Fläche allein angestellt, welche durch eine Person an einem Vorbau sicher gegen den Wind geführt wurde, während ein Insasse die Verwindung zur Erhaltung des seitlichen Gleichgewichtes bestätigte. Auf diese Weise war die Sorge auf die Erhaltung des Gleichgewichtes in der Längsrichtung von vorneherein ausgeschaltet und dem Führer blieb nur die Erhaltung des seitlichen Gleichgewichts übrig. Nach mancherlei erlittenen Defekten wurde allmählich die Fertigkeit erlangt, die Tragfläche im Gleichgewichte zu erhalten. Alsdann wurde daran geschritten, die Erhaltung der Längsstabilität in Angriff zu nehmen. Das Kopfsteuer wurde darum wieder vorgebaut. Zur Sicherung des seitlichen Gleichgewichtes wurden die Tragflächen an den Enden durch Stricke 'geführt. Die Handhabung des Kopfsteuers erfordert sehr viel Uebnng, da der Apparat in heftigem Winde in übermäßig empfindlicher Weise auf die leiseste Bewegung reagierte. Häufig kam es vor, daß das Flugzeug durch ungeschickte Bewegungen jäh.vom Boden abgerissen, oder zu Boden geworfen wurde. Zahlreiche Defekte blieben auch hier nicht aus. Doch gelang es schließlich den Apparat bei Windstärken bis zu 20 m/sek. minutenlang über dem Boden in der Schwebe zu erhalten und ihn wieder sanft ohne merklichen Aufstoß zu Boden zu führen.

So sahen wir uns der praktischen Lösung der Gleichgewichtsfrage wiederum einen Schritt näher und wollten nunmehr darangehen, die Tragfläche der Halteseile zu berauben und zu freien Segelflügen überzugehen. In der Tat waren bei mäßigeren Winden auch einige kürzere Sprürlge gelungen. Allein bei Winden von Sturmesstärke und darüber stießen wir in der gleichzeitigen Handhabung des Kopfsteuers und der Verwindung auf solche Schwierigkeiten, daß wir mit Rücksicht auf die damit verbundene Lebensgefahr uns entschließen mußten, von der Verwendung des Kojffsteüers in der Folge ganz abzusehen.

Es wurde darum der Bau eines zweiten Flugzeuges in Angriff genommen, wobei die vertikale und horizontale Stabilisierungsfläche nach rückwärts verlegt wurde. Die Verwindung der Hanpttragfläche wurde über das Wright'sche Maß hinaus kräftig gestaltet. Als Folge des übermäßig großen Auftriebes des ersten Apparates wurde der zweite viel kleiner und zugleich fester ausgeführt. Er hatte bei einer Spannweite von 7,0 m nur 9,0 qm Gesamttragfläche. Das Gesamtgewicht betrug 75 kg. Mit Insassen zusammen (75 kg) war also die Flächeneinheit mit 16,6 kg/qm belastet gegenüber 7,3 kg/qm beim ersten Flugzeug. Mit diesem Apparate konnten nur bei ganz kräftigen Winden von 18 bis 20 m/sek. Uebungen angestellt werden. Hierbei erwies sich aber die Tragfläche als durchaus ausreichend. Allein der erhoffte Erfolg, ein längerer Segelflug, blieb aus. Von einer völligen Beherrschung des Windes konnte immer noch keine Rede sein und

es konnte aus Gründen der Sicherheit nach wie vor nicht gewagt werden, den Apparat anders als durch Halteseile gesichert zum Fluge zu bringen. Doch wurden im Laufe der zahlreichen Versuche so wichtige Erkenntnisse in Bezug auf Erhaltung des allseitigen Gleichgewichtes gewonnen, daß der Entschluß gefaßt werden konnte, die Versuche mit dem übrigens völlig intakt gebliebenen Flugzeug abzubrechen und an den Bau eines dritten Apparates zu gehen. Im Dezember 1913 wurden die Uebungen mit demselben begonnen. Zunächst wurden Gleichgewichtsübungen am Boden angestellt. Es zeigte sich alsbald, daß das Flugzeug in hervorragendem Maße die Fähigkeit besaß, auf jede Steuerbewegung zu reagieren. Freilich wurde auch erkannt, daß um eine nicht durch einen Motor geführte Fläche dauernd im Winde und Gleichgewicht zu erhalten, förmlich eine Umbildung der Denkweise erforderlich ist. Unter Ausschaltung aller übrigen Gedanken muß der Geist sich völlig auf die Tragfläche konzentrieren und alle ihre Bewegungen mitfühlen und miterleben, um bei gefährlichen Störungen sofort die entsprechende Gegenbewegung

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Abb. 4. Segelflugzeug Nr. 6.

«inleiten zu können. Weilen die Gedanken nur den Bruchteil einer Sekunde wo anders, so ist das Unglück schon fertig und der Apparat ist gekippt. So geschah es denn anfangs auch des öfteren. Allein durch wochenlanges Ueben auf dem ebenen Boden war die richtige Betätigung der Steuerorgane allmählich in Fleisch und Blut übergegangen. Verfasser hatte am Schlüsse die Fertigkeit erlangt, sich ruhig mit seiner Umgebung zu unterhalten und dabei das Flugzeug so vollkommen im Gleichgewichte zu erhalten, daß die Tragfläche auch bei Sturmwind kaum mehr als eine Handbreit nach auf- und abwärts schwankten.

Nun schien endlich die Zeit gekommen, den sicheren Boden zu verlassen und zu freiem Fluge überzugehen. Es war der 6. Januar 1914 geworden. Bei eisiger Kälte, die ein längeres Verweilen im Freien unmöglich machte, wehte ein Wind von 16 m/sek. Stärke,

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verbunden mit heftigem Schneetreiben. Der Apparat wurde in der Weise zum Start angesetzt, daß durch einen vorne an der Kurve angebrachten Strick kurz angezogen wurde. Schon nach 3 Metern Anlauf hatte das Flugzeug den Boden verlassen und schwebte nun, den freigelassenen Strick nachziehend, frei in der Luft entgegen dem Winde dahin, indem es die Abflugstelle bedeutend überstieg. Doch mußte wegen der geringen Ausdehnung des Uebungsplatzes und wegen der geringen Umsicht infolge Schneetreibens sofort wieder niedergegangen werden. Immerhin wurde eine Strecke von 120 m in freiem Fluge bei Sturmwind zurückgelegt.*) Die so wichtige Frage der Erhaltung des Gleichgewichtes war also gelöst. Es konnte sich in der Folge nur mehr darum handeln, die durchflogene Strecke zu vergrößern. Zu diesem Zwecke wurde ein anderes geeigneteres Finggelände gewählt und ein neuer vierter Apparat in Angriff genommen, bei dem das Hauptaugenmerk auf technisch-exakte Durchbildung gerichtet wurde. Ende Juli 1914 war der Apparat fertig und es sollten auf dem neuen Uebungsgelände in der Rhön die Versuche wieder aufgenommen werden. Doch verhinderte der inzwischen ausgebrochene Krieg das geplante Unternehmen. Der Apparat selbst wurde im Laufe des Krieges von böswilliger Hand zerstört. Ein im Laufe des Jahres 1915 gewährter kurzer Urlaub wurde dazu benutzt, die Uebungen mit einem neuen fünften Apparate wieder aufzunehmen. In nur zehntägiger Uebungszeit gelang es, die durchflogene Strecke von 120 Meter auf 500 Meter zu vergrößern. Die größte Höhe, die erreicht wurde, betrug etwa 40 Meter. Die längste/Flugdauer 31/2 Minuten.

Die Flüge fanden meist schwach, wellenförmig nach auf- und abwärts und entsprechend der sich stets ändernden Windrichtung etwas zickzackförmig statt. Es hat sich im Laufe der Versuche als möglich erwiesen, von ebenem Boden wegzustarten. Doch wurde im Allgemeinen zur Erleichterung des Startes ein etwas erhöhter Punkt gewählt. — Gegenwärtig werden die Versuche mit einem neuen vergrößerten und verbesserten Flugzeuge fortgesetzt.

Die praktische Lösung des Segelflugproblems eröffnet für die weitere Entwickelung der Flugtechnik die günstig.-ten Aussichten und wird ohne Zweifel zu einer allmähligen Umgestaltung derselben führen. Zwar hat das reine motorlose Flugzeug mehr wissenschaftliche, als praktische Bedeutung, da es nur unter günstigen Verhältnissen bei Wind zu fliegen vermag. Allein es ist dazu berufen, zu zeigen, wie die gewaltigen Energiemengen, die in bewegter Luft aufgespeichert sind, nach dem Vorbilde der Natur vorteilhaft für Zwecke des Auftriebes und Vortriebes ausgenützt werden können. Es kann keinem Zweifel mehr unterliegen, daß der motorlose Dauerflug nach Art der Segelvögel in den Bereich technischer Möglichkeit gelangt ist.

Vom Standpunkte der Betriebsökonomie ist dies von der allergrößten Bedeutung. Man kann annehmen, daß bei Motorflugzeugen, die nach den Grundsätzen der Segelflugzeuge erbaut sind, im Durchschnitte etwa fünfzig Prozent an Motorkraft eingespart werden kann. Bei genügender Windstärke wird der ohnedies schwachpferdige Motor ganz ausgeschaltet werden können.

*) Es ist bisher aus der Literatur nicht bekannt geworden, daß bei so bedeutenden Windstärken Gleit- oder Segelflüge mit Erfolg ausgeführt wurden.

Die Luftkämpfe und die feindlichen Berichte.

Die in den letzten -Wochen meist ungünstige Witterung an der Westfront übte auf die feindliche Fliegertätigkeit einen größeren Einfluß aus als auf unsere. Dabei wurden die feindlichen Flieger, wo sie auftraten, vertrieben und über ihre Linie zurückgejagt. Notgedrungen mußte sich der Gegner darauf beschränken, hinter seinen Stellungen zu fliegen, und nur von dort aus seine Beobachtungen zu machen. Besonders deutlich wnrd>> dem Feind dies Gesetz an der Sommefront vorgeschrieben. Gewitzigt durch die schlimmen Erfahrungen, die sie mit unseren Kampf- und Jagdfliegern gerade in letzter Zeit gemacht haben, wagten die feindlichen Flugzeuge sich hier nirgends bei Tage längere Zeit über den Schutzbereich der eigenen Flieger-Abwehrkanonen vor. Nur in starken Geschwadern wagten sie kurze Vorstöße über ihre Linien, um sofort zurückzuweichen, sowie unsere Jagdflugzeuge auf dem Plan erschienen.

Diesen Tatsachen gegenüber lese man, was der französische Heeresbericht in der Zeit vom 1. bis 7. Oktober der staunenden Mitwelt zu erzählen weiß:

Französischer Bericht vom 2. Ok- , Tatsache: Am 1. Oktober wurden

tober: Adjutant Bloch hat am 1. Ok- nördlich der Somme 3 Fesselballone,

tober seinen 5. Fesselballon östlich davon einer östlich Bapaume, aber

von Bapaume zum Absturz gebracht. sämtlich ergebnislos angegriffen. Der Nouveiliste de Lyon feiert ihn deshalb in einem langen Artikel.

Nach dem Bericht vom 3 Oktober Tatsache: Wir verloren an diesem

hat Sergeant Sauvage am 2. Oktober Tage kein Flugzeug im Cuftkampf. sein 5. deutsches Flugzeug nach heftigem Luftkampf südlich le Transloy abgeschossen.

Der Eiffelturm verkündet am 6. Ok- Allein bei einer Armee nördlich der

tober aller Welt, die fran ösischen Somme haben wir am 5. Oktober 96

Flieger hätten am 5. Oktober trotz Flüge, davon 45 Jagdflüge durchge-

schlechten Wetters 29 Jagdflüge, Er- führt, kundungen und sonstige Flüge ausgeführt.

Der französische Bericht vom 8 Ok- Um so schöner ist dann der Erfolg, tober erzählt, daß die französischen daß unsere Flieger dabei — was der Flieger am 7. Oktober 6 Luftkämple französische Bericht allerdings vergeliefert hätten. schweigt — 4 Franzosen heruntergeholt haben. Ein fünftes Flugzeug verloren die Franzosen an diesem Tage durch unser Abwehrfeuer.

Diese Beisp'ele ließen sich noch beliebig vervollständigen. Es mag den Franzosen unbenommen bleiben, sich an den Heldentaten ihrer Flieger zu berauschen, die auf friedliche deutsche Schwarzwaldstädtchen sinnlos und zerstörungswütig Bomben werfen. Unsere Flieger begnügen sich damit, ihre Pflicht zu tun, und schießen die eingedrungenen Gegner ab, ohne daß man deshalb in der Presse viel Aufhebens davoii macht.

Die englischen Berichte rühmen zwar auch weiterhin die Tätigkeit ihrer Flieger, sind aber, was die Angaben über Luftkämpfe und und Siege anbetrifft, ziemlich schweigsam geworden. Einmal gaben s-ie freilich, um einen zuverlässigen Eindruck zu machen, einen Verlust zu, ohne den Abschuß eines Deutschen zu melden (z B. am 2.

Oktober), das ist aber auch ihre einzige Verlustmeldung in der ganzen Woche. Zur Entschädigung dafür meldeten sie für den 1. Oktober den brennenden Abstnrz eines deutschen Fesselballons (wohl der erdichtete des Adjutant Bloch), die Vernichtung von zwei deutschen Flugzeugen und die Niederzwingung, vieler anderer". Wo das allesgewesen

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französischer Caudron im Abwehrfeuer, umgeben von SdirapnellwölkAen.

sein soll, entzieht sich ja, mangels Ortsangabe, der Nachprüfung. Dagegen ist die ausdrückliche Angabe desselben Berichts, daß sie selbst keine Verluste gehabt hätten, nachweislich falsch, denn sie verloren am 2. Oktober wenigstens drei Flugzeuge. In der ganzen Woche vom 1.— 8. Oktober büßten sie nicht nur das eine von ihnen als vermißt gemeldete Flugzeug ein, sondern zusammen mit den Franzosen nicht weniger als 11.

Wie man in der englischen Fliegertruppe denkt.

Aus dem Großen Hauptquartier wird dem W. T. B. geschrieben: Der englische Fliegerleutnant Jack Tullis hat am 6. Oktober in einer Unterredung folgende Angaben gemacht:

Zwei Dinge sind es, über die wir englischen Flieger empört sind, die Aufopferung der Flieger in der Somme-Schlacht und die uns aufgezwungene Benutzung von Explosivgeschossen. Unsere Führer schicken uns ohne Rücksicht auf Leben und Material aus, oft zur Lösung von Aufgaben, die durchaus nicht zweckdienlich und wichtig sind und nur den sicheren Verlust einer Anzahl von Flugzeugen zur Folge haben. Das ist auch der Grund, warum unsere Verluste wäh-

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rend der Somme-Schlacht so ins Ungemessene gestiegen sind. Was die Explosivgeschosse anlangt, will ich Ihnen ohne Weiteres zugeben, daß wir in englischen Flugzeugen, in diesem Sommer mehrere Monate lang Explosivgeschosse verwandt haben, und zwar auf Befehl der höheren militärischen Stellen. Ich kann nicht genau angeben, wie diese Explosivgesohosse konstruiert waren. Jedenfalls war aber ein kleines Loch angebracht und im Innern des Geschosses befand sich oin wenig brennbare Flüssigkeit. Beim Aufschlagen entzündete sich dieselbe und mußte explodieren. Dieses Explosivgeschoß führt den Namen „Buckingham tracer". Selbstverständlich gab es, wenn ein Mensch von solchem Geschoß getroffen wurde, furchtbare Wunden. Der Gebrauch dieser Geschosse wurde uns befohlen, um unter den feindlichen Flugzeugen mehr Schaden anzurichten; wenn ein solches

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Englisclier Burgess Doppeldecker.

Geschoß den Tank eines Flugzeuges durchlöcherte, mußte sich der Inhalt entzünden und eine Explosion war die sichere Folge. Die englischen Flieger waren durchaus nicht einverstanden mit der Verwendung dieser Munition und haben wiederholt Protest erhoben, umso-mehr als wir fürchten mußten, im Falle der Gefangennahme und der Ueberführung vor ein deutsches Kriegsgericht gestellt zu werden, und überhaupt auch, weil es unserem Empfinden und Kameradschaftsge-fühl, welches bei uns selbst den feindlichen Fliegern gegenüber bestand, durchaus entgegen ging. Es war vorgeschrieben, daß jede dritte Kugel

ein „B T", sein mußte; es wurde auch gelegentlich von den vorgesetzten Squadrons Commanders nachgesehen, ob die Munitionsgürtel und die Trommeln entsprechend gefüllt waren. Ich selbst habe immer nur etwa 6 Buekingham tracer in das obere Ende meines Patronengürtels einfüllen lassen, was genügte, um bei einer Revision nicht aufzufallen. Dann habe ich stets nach dem Abflug etwa 20 Schuß ins Leere abgegeben, sodaß ich kein Explosivgeschoß mehr im Gürtel hatte und nun ganz sicher bin, niemals einen solchen Buckingham tracer auf ein deutsches Flugzeug abgefeuert zu haben.

Die Explosionsgasturbine.

Die „Korrespondenz "Wilhelm" meldet aus "Wien: Im Flugmeeting Aspern 1913 trat der Konstrukteur Ferdinand Kornfail, ein Wiener, mit seinem Schwingenflieger Nr. 2 als Erster in die Oeffentlicukeit. Motorische Zwischenfälle brachten ihn nicht an das gewünschte Ziel. Seit drei Jahren konstruierte nun Herr Kornfail an der Explosionsturbine, deren Erfindung ihm nun vollstänaig gelang. Mit dem leichtesten und schnellsten Flugmotor „Gliome" verglichen, wie ihn Fokker in seine deutschen Apparate einbaut, mit welchen die Militärflieger Immelmann, Boelcke u. a. so großartige Erfolge erzielten, soll die Leistung des Kornfailschen Apparates bei gleicher Qualität, Quantität sowie Art des Brennstoffes folgende sein.

Ein Drittel des Gewichtes, die dreifache Kraft, die dreifache Schnelligkeit, der dreifache Aktionsradius.

Die Gasturbine kommt an Form und Einbau dem Umlaufmotor nahezu gleich. Die Gasturbine hat 16 Explosionskammern. Jede diese Kammern explodiert achtmal, bei einer Umdrehung. Das Turbinenlaufrad macht in der Minute 40000 Umdrehungen, das sind in der Minute 5112000 Explosionen.

Die Gasturbine läuft in jeder Lage variabel mit dem denkbar ärmsten Gasgemisch, der niedrigsten Kompression, mit kolossaler Luft-zuführung, mit Benzin, Benzol, Spiritus, Petroleum, Schwerölen usw., ohne innere Schmierung, ohne treibende Teile, ohne Vergaser, ohne Magnetzündung, ohne Batteriezündung, ohne Glührohrzündung, ohne Stromzuleitung, ohne Wasserkühlung, ohne Steuerung, ohne Gasgemischregulierung, ohne Vor- und Nachzündung.

Das Turbinenlaufrad, das an keine Steuerung gebunden ist, geht ϖ sozusagen durch. Durch die eigenartige Lagerung der Welle kann au^h bei kritischen Schnelligkeiten bei den durch die Flugkraft erzeugten Vibrationen und Drucken kein Wellenbruch eintreten. Die Konstruktion des Laufrades weicht erheblich von denen der Dampfturboräder ab. Die Schaufeln sind in ganz neuer Form radial. Die kinetische Energie arbeitet erst als zweite, da die Schnelligkeit der Explosionsgase die des höchstgespannten Dampfes um das Doppelte überholt und außerdem die Hauptkraft, der sogenannte „Explosionsschlag'', bei der Gasturbine eine erhebliche Krafterhöhung ist. Auch durch die enorme Wärme der Gase wird sich die Explosionsgasturbine rasch einfuhren. Die Erwärmung steigt trotz der hohen Temperatur der Explosionsgase kaum auf 450 Grad Celsius; sie läuft aber ebenso dauernd, sogar

■weit ökonomischer, im rotwarmen Zustande der bekanntlich bei allen Körpern bei 525 Grad Celsius eintritt.

Die Gasturbine baute Kornfail in seinen Schwingenflieger No. 4 ein, der betriebsfertig das Gewicht von 180 Kilogramm kaum erreicht und dessen Flügelkonstruktion von allen bisherigen Konstruktionen bezüglich des starren Hebels abweicht. Der Erfinder hat vorläufig aus gewichtigen Gründen von einer Papentanmeldung abgesehen. Gasturbinen versucht man schon seit langer Zeit zu bauen. Eine praktisch verwendbare Lösung gibt es noch nicht!

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Inland.

Mit dem Eisernen Kreut II. Klasse wurden ausgezeichnet Feldwebel Arthur Weise, Unteroffizier und Flugzeugführer Franz Baumgartner, Unteroffizier und Flugzeugführer Franz König und Gelr. Josef Straubert.

Das Eiserne Kreuz I.Klasse wurde verliehen : Ltn. Woede, Ltn. Werner Pfeil, Ltn. Ruckdäschel, Ltn. d. R. Hans Hartl, Ltn. Kurt Traeger, Ltn. Herbert Engelmann, Offizierstellvertreter und Flugzeugführer Theo Biemann, und Unteroffizier H. Müller.

Eine fran ösische Anerkennung für Boelcke. Die bekanntesten französischen Flieger haben, Hauptmann Boelckes Meisterschaft anerkennend, den Pariser Zeitungen unaufgefordert eine Anzahl Beiträge geliefert. Zur Charakteristik des deutschen Fliegers erzählt der Sergeant Chainat: Nur einmal war es mir beschieden, mich mit Boelcke zu messen Wir verfolgten einander aus 3000 Meter Höhe bis 200 Meter Uber der Erde, konnten aber infolge beiderseitigen geschickten Manövrierens von unserem Maschinengewehr keinen Gebrauch machen

>\n der Westfront abges.hossene Flugzeuge Innerhalb eines Jahres.

Vom 1 Oktober 1915 bis Ende Januar 19 6 wurden von uns an feindlichen Flugzeugen außer Gofecht gesetzt 63, im Februar 20, im März 44, im April 36, im Mai 47, im Juni 37, im Juli 81, im August 78. Dazu kommen für den Sept. (nach dem Heeresbericht vom 9. Oktober) 129 Flugzeuge. Demnach sind in der Zeit vom 1. Oktober 1915 bis 30. September 1916 insgesamt 535 feindliche Flugzeuge an der Westfront vernichte! worden. Eine Leistung, auf die die Helden unserer jungen Luftwaffe mit berechtigtem Stolz blicken können.

Jahresversammlung der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt. Die

Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt hielt am 23. X. in den Räumen der „Deutschen Gesellschaft 1914" ihre Jahresversammlung unter dem Vorsitz des Präsidenten v. Rieß ab. Es nahmen unter anderen daran teil: Graf Zeppelin, Professor v Parseval, Reichsrat von Miller (München) Ministerialdirektor Dr. Lewald, Adtniral Starke, Professor Reißner sowie die bekanntesten der deutschen

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Flugzeugbauer: Euh r, Fokker und Rumpier. Graf Zeppelin, der namens der Gaste sprach, gedachte dabei des Ministerialdirektors Dr. Lewald und dankte ihm für die außerordentliche Unterstützung, die er der Luftschiffahrt und dem Flugzeugwesen habe angedeihen lassen, namentlich für seine Verdienste um die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt und den Kaiserwettbewerb für Flugzeug-motore. Ministerialdirektor Dr. Lewald erinnerte in seiner Dankrede an den abwesenden Direktor der Versuchsanstall: Professor Bender, und den gleichfalls abwesenden Geheimrat Albert, der in Amerika weilt, und rühmte ihre Verdienste um die Entwicklung des deutschen Flugwesens: dann aber feierte er auch den Grafen Zeppelin. Der Jahresversammlung folgte ein behagliches Zusammensein der Mitglieder und Gäste in den Räumen der deutschen Gese lschaft.

Leutnant Kurt Walter, der Sohn des Geh. Studienrates Dr. Walter, Frankfurt a. M., hat im Luftkampf den Heldentod gefunden.

Der Giftbomben-Anschlag auf die Bevölkerung von Metz. Zu dem Angriff auf die Bevölkerung von Metz meldet der Kriegsberichterstatter des „Berl. Tagebl." aus dem Großen Hauptquartier: Man zählte gestern nicht weniger als 14. feindliche Fliegergeschwader, die hinter der nordfranzösischen und belgischen Front unsere Bahnhöfe zu bewerfen suchten. Die Ergebnisse solcher ■Unternehmungen bleiben ziemlich gleich unbedeutend. Außerdem gehen bei solchen Ausflügen vielfach mehr Flugzeuge verloren, als mit dem erzielten Schaden im Einklang steht. So hat der Feind nicht weniger als 22 Flugzeuge verloren. Die Franzosen sind uns aber in der Rücksichtslosigkeit der Kriegführung um einige, Längen vorgekommen. Sie haben Gasbomben auf die Zivilbevölkerung abgeworfen. In. einer Vorstadt von Metz sind fünf Einwohner durch Gasbomben getötet worden und sieben schwer erkrankt Es handelt sich um die bekannte Phosgenvergiftung, als deren Folge innerhalb weniger Tage Lungeneiterung eintritt, die mit einem qualvollen Tode endet. Wir wollen hoffen, daß die französische Heeresleitung für diese ruchlose Tat eine Entschuldigung oder eine glaubhafte Ausrede finden kann, wir müßten sonst annehmen, daß Joffre das Verbrechen, das er nie befohlen haben kann, nachträglich gutheißt und der Kriegführung eine Wendung geben will, deren Folgen sich nicht übersehen lassen.

Flugmeister Karl Meyer. Bei den Fliegerkämpfen an der flandrischen Küste am 23. Oktober hat sich, wie der, Chef des Admiralstabes der Marine bekannt gegeben hat, der Flugmeister Karl Meyer dadurch ausgezeichnet daß er ein feindliches Flugzeug abgeschossen und damit sein viertes feindliches Flugzeug vom Seeflugzeug aus im Luftkampfe vernichtet hat. Meyer ist der Sohn des Elektromonteurs B. Meyer von Elberfeld. Er ist schon in der Zeit des großen Aufschwunges im deutschen Flugwesen als 18 jähriger Mechaniker der ständige Begleiter unserer Flieger Stoeffler und Ingold gewesen. Während des Krieges hat er als Beobachter und Bombenwerfer bei zahlreichen Ueberseefliigen nach Feindesland sich besonders hervorgetan und neben wohlverdienten Auszeichnungen ist ihm auch eine verhältnismäßig rasche Beförderung zuteil geworden. Meyer besitzt das Eiserne Kreuz 1. Klasse.

Oberleutnant Berthold Ritter des Pour le mßrite. Der Sohn des Oberförsters Berthold in Ditterswind, Oberleutnant Berthold, wurde nach einer kürz-lichen Mitteilung mit dem Orden Pour le me>ite ausgezeichnet. Dieser Flieger-oftizier trat 1910 beim Infanterie-Regiment Nr. 20 in Wittenberg ein und ging bei Kriegsausbruch als Beobachter zu der Fliegertruppe. Schon bei dem großen Vormarsch im August und September 1914 zeichnete er sich durch weite Flüge

Uber die feindlichen Linien aus und erhielt bald die beiden Klassen des Eisernen Kreuzes. Ende 1914 ließ er sich zum Flugzeugführer ausbilden und konnte als solcher bereits anfangs 1915 eine erfolgreiche Tätigkeit ausüben. Bemerkenswert ist, wie wir dem Würzburger Generalanzeiger entnehmen, ein Flug, den er mit seinem tödlich verwundeten besten Freund und Beobachter neben sich zum nächsten Feldlazarett unternahm. Leider war dort eine Hilfe nicht mehr möglich. Seitdem ging Berthold dazu Uber, ohne Beobachter im Fokker-Flugzeug den Kampf mit dem Feind aufzunehmen. Am 2. Februar schoß er zwischen Peronne und Bapaume das erste Flugzeug ab. Am 2. April nannte ihn zum erstenmal der Heeresbericht, als er das vierte Flugzeug erlegt hatte. Am 17. April schoß er das fünfte ab; dann hörte man längere Zeit nichts mehr von ihm, da er schwer verletzt in einem Feldlazarett lag. Obschon infolgedessen seine Wiederverwendung als Flieger sehr in Frage gestellt war, meldete er sich, noch unvollkommen hergestellt, zu seiner Abteilung zurück und schoß im September das sechste, siebente und achte Flugzeug ab. Oberleutnant Berthold wurde bereits mit dem Hohenzollern-Haus-orden mit Schwertern, dem sächsischen Militär - St. -Heinrich - Orden und dem bayrischen Verdienstkreuz ausgezeichnet.

Hauptmann Scanzoni von Lichtenfels vom Leib-garde-Reg. Nr. 115 in Darmstadt hat im Flugdienst schwere Verletzungen erlitten, an deren Folgen er vor einer Woche in Berlin verstarb. Bereits in den Jahren 1908 und 1909, als Euler noch in Dannstadt seine VersuchsflUge durchführte, bekundete der junge Infanterie - Offizier sein reges Interesse für das Flugwesen. Seine ganze freie Zeit verbrachte er auf dem Flugplatz und hätte gerne schon damals das Fliegen erlernt. Mit Ltn.v.Hammacher und Ltn. v. Hidessen hat er als erster den hohen militärischen Wert des Flugwesens erkannt, zu einer Zeit, als das Fliegen noch leicht ins Lächerliche gezogen wurde und noch nicht mit militärischen Ehren verknüpft war. Im Januar 1911 erhielt er von seinem Regiment den langersehnten Hauptmann Scanzoni von Lichtenfels f

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„frLUGSPOftft".

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Flugurlaub und legte binnen kurzem sein Flugzeugfuhrerzeugnis ab, das die Nr. 51 trägt. In der Zeit als Prinz Heinrich von Preußen seine Prüfung bei Euler bestand, war er dienstuender Zeitabnehmer. Ungefähr ein Jahr vor Kriegsausbruch trat Scanzoni in die Fliegertruppe über und widmete dem Vaterland seine volle Kraft. Seine Leistungen während des Krieges, die weniger in die Oeffent-lichkeit drangen, sind darum nicht weniger anzuerkennen und hat er nun auch wie die meisten der tüchtigsten Fliegeroffiziere dem Vaterland sein Leben geweiht. Sein Tod reißt eine Lücke in den Stamm der alten bewährten Fliegeroffiziere.

Wohltätigkeitsflugtag in Aßöd. Der vor kurzem durch die Ungarische Lloyd-Flugmaschinen- und Motorenfabriks-A.-O. veranstaltete. Flugtag erzielte

Reichswehr sowie Luftwaffe und Luftfahrt im Ersten Weltkrieg - Motorflug sowie Fliegerei und Flugzeuge im Jahre 1916

Tärkisdies Kampfflugzeug nach dem Start.

einen vollkommenen finanziellen Erfolg. Dem wohltätigen Zwecke wurden 4137 Kronen 94 Heller zugeführt.

Gustav Tweer tödlich verunglückt. Wiederum hat einen der bekanntesten deutschen Flieger sein Schicksal erreicht: Gustav Tweer ist bei Hannover tödlich verunglückt. Tweer machte sich noch kurz vor dem Krieg einen Namen durch seine Kopf- und Sturzflüge, mit denen er den Franzosen Pegoud fast übertraf; auch in Leipzig trat Tweer mit bestem Erfolg auf. Bei Kriegsausbruch stellte sich Tweer der Militärverwaltung sofort zur Verfügung: auch hier fehlte es dem jungen Helden nicht an Erfolgen. Nun hat ein plötzlicher Tod dem Wirken und Streben ein schnelles Ziel gesetzt. f

Personalien.

Der P^ur le m^rlte. Der mit zu unsere" erfolgreichsten Fliegern gehörende Oberleutnant Rudolf Berthold ist dieser Tage mit der Kriegsklasse des Pour le me>ite ausgezeichnet worden. Der Ausgezeichnete ist der elfte Flieger-

offizier unter den 140 Rittern, die den Orden im jetzigen Kriege erhielten. Außer dem vorgenannten wurde der Orden den Hauptleuten Boelcke (f) und Buddecke, den Oberleutnants Max Immelmann (f) und Freiherrn v. Althaus, .den Leutnants, Wintgens (f), Mulzer (f), Parschau (}), Walter Höhndorf und Wilhelm Frankl, sowie dem Hauptmann Max Macher in der österreichisch-ungarischen Armee verliehen.

Das Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern wurde dem Admiralstabsoffizier bei dem Generalkommando des Marinekorps Kapitänleutnant von Tschirschky verliehen.

Das Ritterkreuz II. Klasse des Albrechtsorden mit Schwertern erhielten die Ltns. d. R. Ratsch und Dalen von einer Feldflieger-Abteilung, sowie Oberarzt d. R. Dr. Schilling vom Staffelstab 257.

Befördert wurde: zum Ltn. d. R. Kinzelmann von der Feldflieger-Abteilung 71. _

Von, der Front. 17. Oktober. Französischer Bericht: Französische Flugzeuge führten zahl* reiche Flüge aus. Sie lieferten in der Sommegegend 65 Kämpfe, in deren Verlauf zwei deutsche Flugzeuge abgeschossen wurden und drei andere steil in den deutschen Linien niedergingen. Deutsche Flugzeuge warfen ohne militärisches Ergebnis

t

Reichswehr sowie Luftwaffe und Luftfahrt im Ersten Weltkrieg - Motorflug sowie Fliegerei und Flugzeuge im Jahre 1916

Rückkehr eines türkischen Kampfflugzeuges.

einige Bomben auf Amiens. — Englischer Bericht: Der Flügdienst benützte den gestrigen schönen Tag, zahlreiche Erkundungen wurden ausgeführt. Bahngeleise, Bahnhöfe, Kantonnemente, Fabriken und Depots des Feindes erhielten eine große Anzahl Bomben, Im Verlaufe der Luftkämpfe wurden drei deutsche Flugzeuge zerstört, ein anderes wurde zur Landung gezwungen, mehrere andere wurden in die Flucht getrieben. Zwei Drachen wurden von unseren Fliegern angegriffen

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„FLUGSPOR T".

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und zur Landung gezwungen. Beide wurden brennend gesehen. Eines unserer Flugzeuge wurde durch die feindliche Artillerie abgeschossen, sechs andere sind nicht zurückgekehrt.

18. Oktober. Deutscher Tagesbericht: Fünf feindliche Flugzeuge unterlagen im Luftkampf. — Rumänischer Bericht: Unsere Artillerie zwang ein feindliches Wasserflugzeug in der Dobrudscha zwischen unseren und den feindlichen Linien niederzugehen. Während des Sturzes ereignete sich auf dem Flugzeuge eine Explosion es verbrannte. — Rom: Ein Geschwader italienischer und und französicher Wasserflugzeuge, die eine allgemeine Erkundung an den Küsten Westistriens trotz ungünstiger atmosphärischer Bedingungen ausführten, bombardierten am 16. Oktober nachmittags erfolgreich vereinzelte feindliche Seestreitkräfte bei Rovigno und militärische Anlagen in Rovigno und Punta Salvore. In einem Kampfe mit feindlichen Flugzeugen gelang es ihnen, zwei zu treffen. Eines davon wurde bei jähem Niedergehen aufs Meer beobachtet. Trotz heftigen Feuers der feindlichen Batterien sind alle ausgeflogenen französischen und italienischen Flugzeuge unversehrt nach ihren Ausgangspunkten zurückgekehrt. — Französischer Bericht: Trotz nebligen Wetters zeigten sich unsere Jagdflieger sehr tätig. Im Laufe des 17. Oktober sind an der Somme-Front drei feindliche Flugzeuge heruntergeholt worden. Das eine davon stürzte bei Haizercourt-Ie-Haut, das zweite östlich Bouchavesnes, das dritte wurde von Leutnant Heurteaux angegriffen und fiel zwischen Rocquivny und Le Transloy zerschmettert nieder, was die Zahl der von diesem Leutnant zum Niedergehen gezwungenen Flugzeuge auf neun erhöht. Einer unserer Flieger wurde zwischen Roye und Lassigny von drei Fokkern angegriffen; er zwang einen seiner Gegner zur Landung und schlug die beiden anderen in die Flucht. — Englischer Heeresbericht: Gestern machten unsere Flugzeuge drei Streifen, beschädigten dabei Gebäude mit Eisenbahnmaterial und brachten einen Zug zum Entgleisen. Vier feindliche Flugzeuge wurden in Luftkämpfen zerstört; vier-unserer Flieger sind nicht zurückgekehrt.

19. Oktober. Wien: Unsere Flieger belegten Salcano und Castagnavizza mit Bomben.

■ 20. Oktober. Meldung aus Stockholm: Bei Luck erschienen in der letzten Woche fünfmal Fliegergeschwader und warfen insgesamt 50 Bomben in die neuen, südwärts gerichteten Befestigungen ab. Ueber 500 hier beschäftigte Soldaten wurden dabei verwundet. Bei Dubno uuternahmen die Oesterreicher einen erfolgreichen Luftangriff gegen den Bahnhof, wodurch drei Tage lang der Verkehr der strategisch wichtigen'Bahn, die von Dubno ostwärts führt, völlig lahmgelegt wurde. In Kremjetz-Podolsk wurde die Poststation, m der sich die Hauptspeicher für die Versorgung der ganzen Heeresgruppe Brussilow befanden, eine große Brodbäckerei, zwei Gewehrlager und ein Kraftwagenpark in die Luft gesprengt. In 4er Nähe der Stadt explodierte eine bedeutende Menge von Munition, was ebenfalls auf einen Fliegerangriff zurückgeführt wird.

21. Oktober. Deutscher Tagesbericht: Unsere Kampfgeschwader schützten in zahlreichen Luftangriffen die Beobachtungs-Flieger. Zwölf Flugzeuge "des Gegners wurden abgeschossen. Vier liegen hinter unseren Linien. Eine nächtlich? Luftstreife auf Bahnhöfe und Munitionslager hinter der feindlichen Front hatte guten, an Explosionen und Bränden beobachteten Erfolg. Deutsche Fluggeschwader beteiligten sich erfolgreich aus der Luft am Kampfe in der Dobrudscha. — Englischer Bericht: Unsere Flugzeuge bewarfen die feindlichen Verbindungslinien mit Bomben, griffen einen wichtigen Eisenbahnknotenpunkt und ein Munitionsdepot an und brachten vier Waggons zum Entgleisen, Drei feindliche Flugzeuge wurden

zerstört und viele zum Landen gezwungen. Zwei unserer Maschinen werden vermißt.

22. Oktober. Amtlich aus Berlin: Am 21. Oktober nachmittags griff ein Geschwader unserer Seeflugzeuge englische Seestreitkräfte an der flandrischen Küste erfolgreich mit Bomben an. Ein Treffer wurde auf einem Zerstörer einwandfrei beobachtet. Alle Flugzeuge sind trotz heftiger Beschießung wohlbehalten zurückgekehrt. — Paris: An der Sommefront schössen die französischen Flieger gestern drei deutsche Flugzeuge ab und zwangen fünf andere, mit Beschädigungen niederzugehen. Adjutant Dorme schoß sein 15. Flugzeug bei Barleux ab, Sergeant Flaschaine sein fünftes in der nähmlichen Gegend. Nördlich Verdun stürzte ein von einem französischen Flieger angegriffener deutscher Fesselballon in Flammen ab. In der Nacht vom 21. auf den 22 Oktober belegten sechs französische Flugzeuge den Bahnhof Courcelles sur Nied (östlich Metz) mit Bomben. 180 Zwölfzentimeter-Granaten wurden auf Gebäude und Gleise abgeworfen und scheinen bedeutenden Schaden verursacht zu haben. In derselben Nacht warfen die französischen Geschwader 50 Granaten auf die Bahnhöfe von St. Quentin und Tergnier, 16 auf ein Lager in Tesins (?) und 120 großkalibrige Granaten auf die Bahnhöfe von Hern und Athis und auf Flugzeugschuppen in der Gegend von Peronne. Während des gestrigen Tages schössen unsere Spezialgeschütze ein deutsches Flugzeug in den französischen Linien ab.

23. Oktober. Deutscher Tagesbericht: Nahe der Küste, im Somme- und Maasgebiet sehr rege Fliegertätigkeit. 22 feindliche Flieger sind durch Luftangriff und Abwehrfeuer abgeschossen, 11 Flugzeuge liegen hinter unsern Linien. Hauptmann Boelcke bezwang seinen 37. und 38., Leutnant Frankl den 14. Gegner im Luftkampf. Flugzeuge des Feindes bewarfen Metz und Ortschaften in Lothringen mit Bomben. Militärischer Schaden ist nicht entstanden, wobt aber starben fünf Zivilpersonen und erkrankten sieben weitere infolge Einatmung der den Bomben entströmten giftigen Gase. — Balkan-Kriegsschauplatz; Ein Marineflugzeug landete weit im Rücken des zurückflutenden Feindes, zerstörte zwei Flugzeuge am Boden und kehrte unversehrt zurück. - Bulgarischer Bericht: Ein deutsches Wasserflugzeug landete hinter der feindlichen Front auf dem .Flugplatz bei dem Dorfe Karaksum und zerstörte zwei Flugzeuge, nachdem es (jje Soldaten des feindlichen Postens getötet hatte. Das Wasserflugzeug ist unversehrt zurückgekehrt. — Französischer Bericht: Morgens warfen deutsche Fluj^euge Bomben auf Nancy ab. Kein Opfer. Es wurde wenig bedeutender Sachschaden verursacht. — Englischer Bericht: Gestern belegten unsere Flugzeuge zwei Einsenbahnstationen hinter den feindlichen Linien mit Bomben; sie trafen einen Zug der in Bewegung war und verursachten viel Schaden an Gebäuden und rollendem Material. Sieben feindliche Flugzeuge wurden niedergeschossen; acht von unseren Flugzeugen sind nicht zurückgekehrt. Reuter meldet amilich: Ein feindliches Flugzeug suchte am 23. Okt. um 10 Uhr morgens Margate heim und warf drei Bomben ab Ein Hotel im Cüftonvillebezirk wurde leicht beschädigt. Ein Mann und eine Frau wurden leicht verwundet. Britische Flugzeuge verfolgten den Feind in südöstlicher Richtung. Eine Meldung der englischen Admiralität besagt: Ein feindliches Wasserflugzeug wurde nachmittags durch eines unserer Flugzeuge abgeschossen und zerstört Es ist in die See gefallen. Nach der Zeit zu urteilen, ist es wahrscheinlich das Wasserflugzeug, das Sheerneß einen Besuch abgestattet hat. (Anmerkung: Wie wir von zuständiger Stelle erfahren, ist die Nachricht von dem Abschießen eines deutschen Wasserflugzeuges unzutreffend.)

24. Oktober. Berlin: Eines unserer Marineflugzeuge belegte am 23. Okt. vormittags Hafenanlagen und Bahnhof von Margate an der Themsemündung mit

Bomben. Am Nachmiltag des gleichen Tages wurde an der flandrischen Küste über See ein feindliches Flugzeuggeschwader, bestehend aus drei Flugbooten und zwei Land-Kampfflugzeugen, von zwei deutschen Seeflugzeugen angegriffen und nach erbittertem Luftgefecht in die Flucht geschlagen. Im Laufe des Gefechts wurde ein feindliches Flugboot abgeschossen. Der Flugmeister Meyer (Karl) hat damit sein viertes feindliches Flugzeug vom Seeflugzeug aus im Luftkampf vernichtet. Nach einiger Zeit kamen die feindlichen Flugzeuge, verstärkt durch sechs weitere Flugzeuge, zurück. Sie wurden von acht unserer Flugzeuge angegriffen und verjagt. — Meldung aus dem Hauptquartier: Einer unserer Flieger lieferte gestern an derSommefront ein Heldenstück: er wurde über den feindlichen Linien durch Bauchschuß schwer verwundet, steuerte aber trotzdem sein Flugzeug heimwärts und landete es sicher im Heimatshafen, am anderen Morgen erlag er seiner Wunde. — Paris: Deutsche Flugzeuge warfen heute Morgen mehrere Bomben auf Luneville. Niemand wurde getötet; der Sachschaden ist gering. An der Sommefront wurden im Lauf des 23.. 10. zwei deutsche Flugzeuge abgeschossen, drei mußten steuerlos niedergehen. Im Lauf des gestrigen Tages warfen 24 französische Flugzeuge 4200 Kilogramm Geschosse auf die Hochöfen Hagendingen und von Bussingen (nördlich von Metz), auf die Bahnhöfe von Thionville, Mezieres bei Metz, Longueville und Metz-Sablon. Die Ziele wurden getroffen. Ein andres Geschwader beschoß die Munitionsdepots in Mons-en-Chaussee' Schließlich erfolgte in der Nacht zum 23. 10. eine Beschießung der Werke von Rombach und des Bahnhofs von Mars-Ia-Tour, die gute Ergebnisse erzielte. „Daily Telegraph" meldet aus Athen: Am Montagmorgen unternahmen deutsche Flieger einen Angriff auf die Insel Chios. Drei Bomben fielen auf die, Stadt, so-daß drei Bürger getötet und einer verwundet wurde. — Reuter meldet aus London: Die Admiralität gibt bekannt, daß an der deutschen Meldung vom 21. Oktober aus Berlin, wonach ein englischer Torpedojäger, an der flandrischen Küste durch die Bombe eines deutschen Wasserflugzeuges beschädigt worden sei, nicht ein wahres Wort ist.

.25. Oktober. Berlin: Die Fiiegertätigkeit an der Somme war am 22. Okt. bei klarem Wetter äußerst rege. Die deutschen Flugzeuge führten an diesem Frontabschnitt allein über 500 Flüge aus. In 209 Luftkämpfen wurde, der Gegner an diesem Tage angegriffen und allein im Sammeabschnitt der Abschuß von 16 Flugzeugen einwandfrei festgestellt. Eine weitere Anzahl voij feindliches Flugzeugen mußte hinter ihrer Front notlanden. Von den ah der Westfront am 22. Oktober im ganzen abgeschossenen 22 Flugzeugen sind elf in deutschem Besitz. Deutsche Flieger griffen Truppenlager und Kolonnen mit Bomben und Maschinengewehren an und beschossen aus niedriger Höhe mit Maschinengewehren feindliche Schützengräben.______

Ausland.

Mängel im englischen Luftschiffahrtdienst Zwischen dem Luftschiff -fahrts-Auschuß des englischen Parlaments und der Admiralität scheint sich ein Konflikt vorzubereiten, und es ist anzunehmen, daß auf der einen oder anderen Seit« Entlassungen erbeten werden. Balfour hatte am Dienstag eine längere Unterredung mit 80 Mitgliedern der parlamentarischen Luftschiffahrtskomniission. Wie die „Times" meldet, waren die Erklärungen, die Balfour bei dieser Gelegenheit gab, keineswegs zufriedenstellend. Balfour sagte, daß die Luftschiffahrtsab-teilung der Admiralität in permanenter Verständigung mit dem Munitionsmini-, sterium arbeite. Aber die „Times" macht darauf aufmerksam, daß eine derartige Verständigung auch eine Einheitlichkeit des Vorgehens zur Folge haben müsse

und solange dies nicht bestehe, dauere das alte unglückliche System immer noch an, wonach jedes der Departements unabhängig von den anderen befehle, sodaß die äußerste Kraftentwicklung im Luftfahrtsdienst nicht erreicht werden könne.

Ein englischer Flieger in Holland gelandet. Ein Fischerlogger hat in Scheveningen einen englischen Flieger gelandet, der 15 Meilen östlich vom Leuchtschiff Smiths Knol aufgenommen wurde, nachdem er selbst sein Flugzeug vorher zum Sinken gebracht hatte. Der Flieger wurde vorläufig unter militärische Bewachung gestellt.

Ein chinesischer Flieger im französischen Heeresdienst. Ein Pariser Korrespondent englischer Blätter meldet, dem „London und China Telegraph«

Reichswehr sowie Luftwaffe und Luftfahrt im Ersten Weltkrieg - Motorflug sowie Fliegerei und Flugzeuge im Jahre 1916

Türkische Fliegeroffiziere beim Start.

zufolge, daß an der Somme ein Chinese namens Tsu als französischer Sergeant Fliegerdienste leiste. Tsu sei vor Kriegsausbruch nach Frankreich gekommen, um das Fliegen zu lernen, und habe sich dann der französischen Heeresleitung zum Kampf gegen Deutschland zur Verfügung gestellt. Er soll kürzlich einen harten Strauß mit deutschen Fliegern gehabt und — wie der englische Korrespondent behauptet — zwei deutsche Apparate heruntergeschossen haben.

Der japanische Fliegerleutnant Onuye -j- der sich zur Uebernahme von durch die japanische Heeresleitung bestellten Flugzeugen in den Vereinigten Staaten aufhielt, ist bei einem Probefluge auf dem Flugplatz von Los Angeles, als er zu landen versuchte, aus ungefähr 100 m Höhe abgestürzt und war auf der Stelle tot.

Noch zwei der besten französischen Flieger bei dem Angriff auf Siiddeutschland gefallen. Außer dem bei Neubreisach abgeschossenen Adjutanten Baron verzeichnet die Pariser Presse den Verlust zweier anderer erster

Flieger, der Leutnants Rochefort und Deponton. Letzterer war ein Neffe des Generals Lyautey.

Zusammenstoß von Flogzeugen. In Tours sind zwei Flugzeuge in der Luft zusamme-gestoßen, wobei drei Personen den Tod gefunden haben.

Der in der französischen Armee dienende amerikanische Flieger Raoul Lufbery ist, wie der Nieuwe Rotterdamsche Courant meldet, als erster Ausländer zum Leutnant befördert worden. Seine Auszeichnung erfolgte wegen seines Verhaltens bei dem Luftangriff auf die Mauserwerke in Obern dorf.

Amerikanische Flieger in Frankreich abgestürzt Bei einem Uebungs-flug über dem Plateau von Boudouville stürzten zwei amerikanische Flieger tödlich ab.

Sammlung für die Luftverteidigung in Stockholm. Der Stockholmer Ausschuß zur Sammlung für die Luftverteidigung überreichte dem König eine Schenkungsurkunde über 700000 Kronen.

Verschiedenes.

Ein heiteres Fliegerstückchen in der Dobrudscha: Von den Glanzleistungen unserer Flieger lesen wir fast täglich in den amtlichen Berichten, und wiederholt ist in der letzten Zeit gemeldet worden, daß unsere Flieger hinter der feindlichen Linie niedergegangen sind, um unseren Auftrag zu erfüllen. Von großem Wagemut zeugt ein Flug, den kürzlich unsere Marineflieger in der Dobrudscha ausgeführt haben und bei dem auch der Humor zur Geltung kommt. Von Warna aus war ein Marineflugzeug hinter die feindliche Linie geflogen und dort niedergegangen, um einen militärischen Befehl auszuführen. Von der uns freundlich gesinnten Bevölkerung hatten die Flieger zwei Schweine geschenkt bekommen. Um nun die kostbare Gabe mit zurückzubringen, wurden die beiden Schweine an den S .hwimmern festgebunden und von den Fliegern nach einem 60 Kilometer langen Flug gesund und munter in Warna abgesetzt — wo sie zur Bereicherung der Speisekarte dienten.

Patentwesen.

Patentanmeldungen.

77 h,-.9. A. 24 299. Ch. H. M. A. Aldersohn, Farnborough, Engl.: Vertr.: A. EHiot, Pat.-Anw., Berlin SW. 48. Schwimmer für Wasserflugzeuge, der während des Fluges mittels einer innenliegenden gelenkigen Versteifung zur Verminderung des Luftwider Standes zusammengefaltet werden kann. 6. 7. 13. Großbritannien. 11. 4- 13.

46a, 25. S. 44 032. James Shaw, Chicago, V. St A; Vertr: Dipl.-Ine S. F. Fels, Pat.-Anw., Berlin SW. 61. Im Viertakt arbeitende Verbrennungskraftmaschine für Flugzeuge. 18. 6. 15.

77 h, 5. M. 56 961. Gaston Madeira, Neuilly, Frankr.: Vertr.: Dr. G. Lotterhos, Pat.-Anw., Frankfurt a M. Vorrichtung zum selbsttätigen Stabilisieren von Luftfahrzeugen. 29. 7. 14

Gebrauchsmuster.

77 h 573707. Albatroswerke G. m.b. H, Berlin-Johannisthal. Verwindungs-klappe mit Hebel-Rippe. 19. 9. 13. A. 21427. 28. 8. 16.

77 h. 573708. Albatroswerke G. m. b. H, Berlin-Johannisthal. Verwindungs-klappe aus Stahlrohr usw. 19. 9. 13: A. 21428. 28. 8. 16.

77h. 574282. Albatroswerke G. m. b. H, Berlin-Johannisthal. Beschlag zum Befestigen von Ansatzkörpern usw. 6 10. 13. A. 21513. 28. 8. 16.

77 h. 625567. Deutsche Flugzeugwerke G. m. b. H., Lindenthal b. Leipzig. Flugzeug-Tragflächenspiere. 24. 9. 13. D. 25792. 7. 9. 16.

77h. 653 468. Wilhelmine Cathrein, München, Auerfeldstr. 6. Fallschirm. 11. 8. 16. C. 12354.

77 h. 653 475. Richard Kwavulinski, Lipine O. S. Zellenflugapparat. 17. 8. 16. K. 68662.

77h. 653490 Wilhelm Hinz, Berlin-Johannisthal, Sternplatz 5. Schein. werfer-Einbau für Flugzeuge. 4. 9. 16 H. 72324.

77h. 653248. Klaaß & Sachtleben, Magdeburg. Steuerräder für Luftfahrzeuge, 5. 7. 16. K. 68409.

Firmennachrichten.

Halberstädter Flugzeugwerke, Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Halberstadt: Nach dem durchgeführten Beschlüsse der Generalversammlung vom 30. September 1916 ist das Stammkapital um 200000 Mk. erhöht und beträgt jetzt 400000 Mk.

Germania Flugzeugwerke Gesellschaft m. b. H. John Frank Rahtjen ist als Geschäftsführer ausgeschieden.

Automobil- und Aviatik-Aktiengesellschaft Thekla-Heltetbllck Bez. Leipzig, Zweigniederlassung der in Mülhausen Burzweiler bestehenden Hauptniederlassung. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Verkauf von Motorwagen und Flugmaschinen, die Vertretung von Gesellschaften sowie die Vornahme aller damit in Verbindung stehenden handelsrechtlichen, gewerblichen und finanziellen Geschäfte. Das Grundkapital beträgt 1000 000 Mark. Vorstand der Gesellschaft ist M. Kaufmann, Jules Spengler in Leipzig. Prokurist: Kaufmann Ferdinand Vogtenberger, Hauptmann d. R., Kaufmann Alfred Link, Techniker Viktor Stoeffler, sämtlich in Leipzig.

Propeller-Bau-Gese!.lschaft m. b. H., Potsdam. Gegenstand des Unternehmens ist die Fabrikation; und der Vertrieb von Stahlkernpropellern, Bau von Flugzeugen und Verwertung des von dem Gesellschafter Ingenieur Jakob Haw in Bruck i d. Mark eingebrachten Patents Nr. 261 065, betreffend die Herstellung von Stahlkernpropellern. Geschäftsführer sind der Ingenieur Jakob Haw in Bruck i d. Mark und der Diplomingenieur Wilhelm Dörr in Potsdam. Die Gesellschaft war bisher in Berlin unter der Firma: „Deutsche Stahlkern- Propeller-Bau-Gesellschaft m. b. H." ansässig, der Betrieb ist von dort nach hier verlegt worden.

Norddeutsche Flugzeugwerke G. m. b. H., Teltow i. d. Mark. Gegenstand des Unternehmens bildet die Herstellung und Ausbesserung von Flugzeugen und Flugzeugteilen sowie sonstige Fabrikationsgeschäfte jeder Art. Das Stammkapital beträgt 20 000 Mark. Geschäftsführer ist Anton Niermann, früher Rittergutsbesitzer, Berlin-Wilmersdorf.

Bayrische Waggon- und Flugzeugwerke, Fürth i. Bayern. Unter Mitwirkung der Gothaer Waggonfabrik A.-G. wurde hier die Errichtung einer großen Fabrik zur 'Herstellung von Eisenbahnwagen und Flugzeugen' unter obenstehender Firma beschlossen. Zu diesem Zweck wurden große Länderein für Fabrikzwecke erworben und ungefähr 300 000 qm Gelände für einen großen Flugplatz von der Stadt zur Verfügung gestellt. Der Bau der Fabrik soll sofort in Angriff genommen werden.

Wilhelm Wolff Luftschrauben-Werk. Waidmannslust bei Berlin. Wilhelm Wolff, Tischlermeister und Heinrich Sukohl, Ingenieur, beide zu Waidmannslust sind Gesellschafter. Zur Vertretung ist nur der Gesellschafter Wilhelm Wolff ermächtigt. Das Geschäft wurde bisher unter der nicht eingetragenen Firma Wilhelm Wolff, Luftschraubenwerk von dem Tischlermeister Wilhelm Wolff geführt. '

Hansa- und Brandenburgische Flugzeugwerke, Akt. Ges. Die Prokura des Ingenieurs Alexander Brauner ist erloschen.

Gründung einer bayrischen Rumpier-Akt-Ges. Mit einer Mill. Mark Aktienkapital wurde in Augsburg unter Mitwirkung der bayrischen Diskonto-und Wechselbank die bayrische Rumpier Akt.-Ges. gegründet. Der Zweck der Gesellschaft ist die Herstellung und der Vertrieb von Flugzeugen nach Rumpler-Typ Beteiligt sind die August Riedinger Ballonfabrik Akt-Ges. in Augsburg und die Rumplerwerke G. m. b. H. in Berlin. Die Aktien bleiben in festen Händen.

Modellflugvereine.

Verband deutscher Modellflugvereine.

Sitz Frankfurt a. M.

Geschäftsstelle: Präsidium:

Frankfurt a. M., Eppsteinerstr. 26. Frankf. Flugmodell-Verein.

Zahlungen erbeten an Disconto-Gesellschaft, Frankfurt a. M.

Stuttgarter Flugmodell-Bund.

(Mitglied des Verbandts deutscher Modellflugvereine) Geschäftsstelle W. Eisele, Hasenbergstraße 90. Bericht ober die

Außerordentliche Generalversammlung des Stuttgarter Modellflugbundes am 15. September 1915.

Nach den kurz gehaltenen Berichten ües Vorstandes, Kassierers und Bibliothekars wurde folgende Tagesordnung verhandelt;

1. Kritik der seitherigen Vereinstätigkeit. 2 Diskussion über die Neuregelung des Gleitflugwesens. 3. Stellungnahme zum Artikel im Flugsport Heft 18, 1916. 4. Gründung einer Gleitflug-Gruppe. 5 Wahlen. 6. Allgemeines.

Zunächst ergriff unser Vorstand Eisele das Wort und führte über Punkt 1 aus, was die Aufgaben und Ziele der Modellflugvereine eigentlich sein sollten und wie es mit denselben heutzutage wirklich steht. Nachdem er hier zuerst einmal gründlich abgerechnet hatte, kam er auf den Stand des Stuttgarter Modellflugbundes „im Besonderen" zu sprechen. Hui, das war für die älteren Herren eine wahre Freude zu hören, wie er der immer mehr eingerissenen Interesselosigkeit und auch der überhandnehmenden Spielerei auf den Leib rückte. — Nachdem er die unhaltbaren Zustände genügend geschildert hatte, setzte er in klarer und einfacher Weise auseinander, wie dem abzuhelfen sei. Nachdem alle Möglichkeiten zur Hebung des Interesses innerhalb und außerhalb der Gruppe (Errichtung eines Vereinsabends, eines Arbeitsabends, Materialien-Zentralstelle, Uebungstäg mit anschließender Diskussion) durchgesprochen waren, einigte man sich schließlich dahin, daß alle 14 Tage gemeinsam gearheitet wird und jeden 1. Sonntag im Monat obligatorischer Uebungstäg ist. Zu unserem Arbeitsabend hat uns unser Mitglied Herr Hirth, hier, freundlichst ein großes, helles, mit Licht und Heizung versehenes Zimmer nebst dem nötigsten Werkzeug zur Verfügung gestellt Auen die Benutzung unserer reichhaltigen gediegenen Bibliothek wurde den jüngeren Mitgliedern aufs Dringlichste empfohlen. Soweit die Maßregeln zur Hebung des Interesses innerhalb der Gruppe. Zur Hebung außerhalb der Gruppe wurde vorgeschlagen, daß mehr größere Veranstaltungen, etwa wie unser gutbesuchtes „Verwundetenfliegen" und evtl. auch Ausstellungen angesetzt werden sollten; hauptsächlich aber zur Gewinnung neuer Mitglieder auch Propaganda innerhalb der jungdeutschen Vereinigungen wie auch der Schülerwerkstätten getrieben werden soll. Vorerst wurde jedoch durch die gegenwärtigen Zeitverhältnisse von ersterem Abstand genommen.

Hieran schloß sich die Besprechung über die Neuregelung des Gleitflugwesens, zu welcher unser Mitglied Olpp das Wort ergriff. Zunächst wurde der Artikel über die Neuregelung des Gleitflugwesens im Flugsport Heft 18 verlesen und hieran anschließend etwa folgendes ausgeführt: Um das in Deutschland immer mehr um sich greifende Gleitflugwesen auf eine feste Grundlage zu stellen, sollten die daran beteiligten Kreise versuchen, dasselbe regelrecht zu organisieren Allenthalben ist die Beobachtung zu machen, daß der Vorläufer unseres ausgedehnten Gleitflugwesens, das Modellflugwesen, zur leeren Spielerei und Sportsucht ausgeartet ist und deshalb von der Oeffentlichkeit nicht sehr oder gar nicht beachtet wird. Ja, sogar Fachleute aus dem Flugwesen haben diese Art Flugwissenschaft aus eben dem Grunde abfällig beurteilt. Dasselbe droht dem Gleitflugwesen, wenn es nicht rechtzeitig unter einer straffen und willensstarken, zielsicheren Leitung zusammengefaßt wird. Nun wird aber von gewissen Seiten, wie in genanntem Artikel zu ersehen ist, angestrebt, dasselbe ganz vom Modellflugwesen oder vielmehr vom Verband deutscher .Modellflugvereine abhängig zu machen. Dies darf un+er keinen Umständen zugelassen werden, da

sonst dem Gleitflugwesen, das im wahrsten Sinne des Wortes wie nichts anderes dazu berufen ist, den Menschen die Kunst des Fliegens zu zeigen, ebenfalls die Ausartung droht- Soll dies nicht gewollt werden, so müssen alle gerecht Denkenden dem Gleitflugwesen eine selbständige und unabhängige Organisation gestatten. Es darf einfach aus Lebensrücksichten nicht zugelassen werden, daß das Modellflugwesen das Gleitflugwesen unter seinen Knebel zwingen will, zumal Letzteres von Ersterem bis heute noch so sliefmütterlich behandelt wird. Natürlich darf aber auch andererseits das Gleitflugwesen nicht vergessen, daß es das Kind des Modellwesens ist. Beide müssen sich gegenseitig achten Und wissen, daß sie alle zwei im Diens'e der großen Sache stehen. Doch gegenseitig müssen sie ihre eigene Organisation anerkennen, so daß keines van beiden unter den Schäden und Schwächen der anderen zu leiden hat. Nur dann darf gehofft werden, daß sie sich wirklich dem Ziele nähern, das sie sich gesteckt haben. — Diesen kurz skizzierten Ausführungen unseres werten Mitgliedes wurde dann auch in einer Stellungnahme zu genanntem Artikel, Gründung einer Gleitfluggruppe, Ausdruck verliehen. Bei letzterem, der Gründung einer besonderen Gleitfluggruppe, wurde wegen dem durch die vielen Einberufungen hervorgerufenen kleinen Mitgliederstand beschlossen, als Ganzes der neuen Gruppe anzugehören und bis auf Weiteres noch eine Modellabteilung zu unterhalten. Diese neue „Gleitfluggruppe" wurde mit Rücksicht auf unsere auswärtigen Mitglieder (in Kirchheim, Bissingen usw.)

„Württembergische Gleitflugvereinigung, Sitz Stuttgart" genannt, so daß es nun auch unseren auswärtigen Mitgliedern möglich ist, selbst Ortsgruppen zu gründen.

Nun wurde zu den Wahlen geschritten, die folgendes Ergebnis zeigten, Es wurden gewählt: Vorsitzender Willy Eise 1 e, Schriftf. Hermann OI p p, Stellv. Hermann Brenner, Schatzm. Richard Hoffmann, Flugw. Kuno Ziegler.

Nach der Protokollaufnahme über diese Neugründung wurde noch Allgemeines zur Sprache gebracht. Eisele übernahm in anerkennenswerter Weise wieder allgemein die Geschäftsstelle, jedoch wurde, um Ueberlastung zu verhüten, bestimmt, daß Eisele nur die Geschäfte der Modellabteilung erledigt, während Olpp alle anderen Geschäfte der W. G. V. erledigt. Als Olpp zum Schluß noch anführte, daß beabsichtigt sei, bei reger Betätigung evtl. einen neuen Gleiter (Eindecker) zu erbauen evtl. auch ein „Jahrbuch der Württ. Gleitflug Vereinigung" herauszugeben, wurde die stürmisch verlaufene Versammlung von unserem Vorsitzenden geschlossen. _

Unser Verein wurde in letzter Zeit von einem .schweren Schicksalschlag getroffen, denn in unserer Flughalle bei Kirchheim u. Teck wurde ein Einbruch unter erschwerten Umständen verübt. Wir wurden unseres ganzen Werkzeugs beraubt. Unsere beiden Gleitflugzeuge, die stabil und tadellos durchkonstruiert warei?, wurden in Tiümmer geschlagen, sodaß nicht mehr ein Teil zu verwenden ist Dieser Einbruch verursachte unserem Vereine einen Schaden von annähernd 500.—[Mk. So ist unser Betrieb, der einen'vielversprechenden Anfang genommen hat, für längere Zeit lahmgelegt. Da die Täter bis jetzt noch nicht ermittelt werden konnten, so besteht wenig Hoffnung, daß wir den Schaden vergütet bekommen. Ich erlaube mir daher im Namen unserer Gleitflug-Vereinigung an alle Großindustriellen die herzl. Bitte zu richten, ob sie uns nicht durch eine kleine Spende, sei es an Geld oder Material, unterstützen würden, damit es uns möglich wird, in absehbarer Zeit unsere Versuche wieder aufnehmen zu können. Für jedes Geschenk werden wir dankbar sein und bitte ich solche an die Geschäftsstelle Hasenbergstr 90 einzusenden. Der Schriftführer der W. G. V.

Hermann Olpp, stud. ing.

Literatur.

Motoren für Flugzeuge und Luftschiffe. Von Dr. Fritz Htith. (Bibliothek für Luftschiffahrt und Flugtechnik Bd. 14.) 2. vermehrte Auflage. 210 Seiten mit 178 Abbildungen im Text und 1 Tafel. Berlin W62 1916. Richard Carl Schmidt & Co. Preis in Leinen gebunden 6.— In dieser zweiten Auflage konnten neuere Motorenarten mit Rücksicht auf

den Kriegszustand nicht berücksichtigt werden. Der Inhalt des Buches ist indessen

erheblich erweitert.

Verantwortlich fDr Redaktion und Verleg wahrend de« Krlegee I. V.: Hedwig Urslnus, Druck von Rupert Baumheoh sämtlich In Frankfurt a. M.





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